28.5.09

Slowenien Teil 4: Adria-Küste

Regentag in Ljubljana

Gestern hat es den ganzen Tag geregnet, was eine erfrischende Abwechslung und ein guter Grund für überdachte Aktivitäten war. Also habe ich ein paar Museen und eine Kunstausstellung besucht.

Eine gewisse Lara Croft stellt ihre Werke dieser Tage in Ljubljana aus, ob der Künstlername bewusst die berühmte sportliche attraktive Computerheldin referenziert oder nicht weiss ich allerdings nicht


Public Viewing


Abends gabs natürlich Fussball. Barcelona ist hier bei den Einheimischen sehr beliebt. Nebenbei erfahre ich, das der FC Maribor dieses Jahr slowenischer Meister geworden ist.

Geschaut wird in dem großen Innenhof einer Sportkneipe, das auch bei uns übliche Public Viewing eben. Es herrscht eine gute Stimmung und die am Anfang deutlich lautstärkeren Manchester-Supporter geben bald Ruhe und können sich nur noch ab und zu zu einem müden "You are dead!" Schlachtruf in Richtung der zahlenmässig überlegenen Barcelona Anhänger durchringen. Eine leere Drohung, denn sterben tut heute keiner, stattdessen gibt es Bier im Überfluss und es wird mir mit Freude von allen Seiten ein frisches in die Hand gedrückt sobald ich eines geleert habe.


Auf zur Küste


Bei besserem Wetter das auch bald meine latent vorhandenen Kopfschmerzen vertreibt geht es heute zu einem letzten Ausflug in Richtung Meer. Ich habe eine kleine Reisegruppe gebucht und ein Fahrer kutschiert mich bereitwillig den ganzen Tag durchs Land an all die Plätze, die ich ihm anweise. Neben dem Fahrer und mir besteht die Reisegruppe noch aus einem älteren Ehepaar aus Kanada, mehr Leute wollen heute und in der Nebensaison nicht reisen. Ich habe fast das Gefühl, einen persönlichen Fahrer gebucht zu haben. Mit öffentlichen Verkehrsmitteln kann ich alle diese Orte kaum bereisen und mit einem gemiteten Wagen, das ausserdem auch teuerer währe, würde ich sicher bald hinter dem Steuer einpennen.

Die Highlights dieses Ausflugs im Folgenden in Form kommentierter Bilder:

Eingang zur Karsthöhle

Eine riesige Karsthöhle für die man eine Stunde braucht um sie zu durchschreiten. Inklusive eines unterirdischen Flusses. Die Anlage steht mit Recht auf der UN Liste der schützenswerten Kulturdenkmäler. Von ihrer Dimension beeindruckt inspirierte sie Jules Verne zu seinem Roman "Reise zum Mittelpunkt der Erde". Genauso kommt es mir auch vor, hier unten verliere ich bald komplett die Orientierung. Aber groß verlaufen kann man sich hier zum Glück nicht - auf der einen Seite rein, dem Weg folgen und überraschend an einer anderen Seite wieder raus.


Herde von Lipizaner Pferden

Lipizaner Pferd mit eingebrannter Seriennummer

Pferdefreunde aufgehorcht: Die berühmten weissen Lipizaner-Pferde werden hier nicht verwurstet, sondern liebevoll in einer einzigartigen Umgebung gepflegt. Auch ein ausgeweisener Pferde-Misantroph wie ich bin von ihnen beeindruckt. Jedes Tier bekommt eine Serien-Nummer eingebrannt. So kann man später immer den genauen Stammbaum nachvollziehen. Billig sind diese Viecher bestimmt nicht.

Blick vom Campanile auf die Adria

Straßenszene aus Piran

Marktplatz von Piran

Piran von oben

Piran ist eine Perle und südlichster Punkt des Landes. Seine venizianische Herkunft versteckt sie nicht und stülpt sie stattdessen selbstbewusst nach außen. Wer hat der kann und es ist auch hier wirklich unbeschreiblich schön. Selbst der untalentierteste könnte hier Postkartenmotive am laufenden Band knipsen.

So, jetzt ist er einmal wieder Sendepause. Über das Nachtleben Ljubljanas zu dem Budapests werde ich mich am Samstag in Richtung Hamburg aufmachen. Schöne Grüße aus einem kleinen schönen Land das der geneigte Leser ruhig einmal in seine nächste Urlaubsplanung integrieren kann.

27.5.09

Slowenien Teil 3: Back in Ljubljana

26.5. - 29.5.2009: Ljubljana


Sloweniens gefährliche Tierwelt

Bären habe ich noch keine in freier Wildbahn getroffen, obwohl es hier die größte Population an frei lebenden Braunbären in ganz Europa geben soll. Für Wanderer aber weitaus gefährlicher sind Kühe, vor allem die braun gescheckten.

Jedes Jahr kommen in Slowenien mehr ahnungslose Touristen durch Kühe um als durch Schlangenbisse oder Problembärattacken zusammen. Sie trampeln ihre Opfer einfach tot oder setzen sich so lange auf ihre wehrlosen Opfer bis die Lunge oder andere lebenswichtige Organe platzen. Danach wenden sie sich wieder ihrer Haupttätigkeit, dem wiederkauen von Gras, zu. Und vermitteln dabei die so trügerische Illusion von harmloser Friedfertigkeit

Zoologen der Universität von Ljubljana stehen diesem Phänomen ratlos gegenüber und können über die Motive der Tiere nur mutmaßen. Einstweilen handelt das Ministerium für Tourismus und Fremdenverkehr indem es eine Aufklärungskampagne startet: In allen Hotels liegen einschlägige Informationsbroschüren aus welche Touristen für das gefährliche Thema sensibilisieren. Schilder mit Verhaltensregeln wurden zusätzlich an allen einschlägig gefährdeten Orten aufgestellt. Slogan der Kampagne ist „Hvala lepa – te grin frrt“ (auf Deutsch etwa: „Wenn es bimmelt - dann nix wie weg“): Alle Kühe tragen dazu diese pittoresk anmutenden Kuhglocken um den Hals und jeder Wanderer ist angehalten, schnellstens das Weite zu suchen wenn er diese Glocke hört. Ich beherzige diesen Ratschlag und daher ist mir zum Glück noch nicht viel passiert.


Die Soca entlang...



Früh morgends verlasse ich Bohinj mit dem Zug in Richtung Nova Gorice. Das ist eine klassische europäische Eisenbahnroute die mit viel Aufwand zu Hochzeiten der östereichisch ungarischen Doppelmonarchie gebaut wurde und den Adria Hafen Triest mit der Hauptstadt Wien verbandt.

Filetstück dieser Strecke und beim durchfahren ereignislos wie eine U-Bahn Fahrt zwischen Jungfernstieg und Hauptbahnhof ist ein etwa echs Kilometer langer Tunnel durch die Alpen. Danach wird es jedoch auf einen Schlag spektakulär: Dem Soca Fluss folgend schlängelt sich die Bahn weiter nach Süden und verlässt peu a peu den alpinen Teil Sloweniens. Oft zähmen Staudämme und Wasserkraftwerke den türkis schimmernden Fluss.



Der Endbahnhof in Nova Gorice (Neu trägt die Stadt deshalb im Namen da die Stadt Gorice nach dem 2. Weltkrieg zugeschlagen wurde – also wurde nebenan eine komplett neue Stadt gebaut und diese nach Berliner Vorbild vom eigentlichen Gorice durch eine Mauer getrennt) kommt mir wie eine Reise in eine andere Welt vor. Vorbei die Sennen Hütten alpiner Prägung, in diesem Teil des Landes geht es wesentlich mediteraner zur Sache. Städte die sich um einen Campanile gruppieren, Weinfelder und eine Architektur und Landschaft die es locker mit der Toskana aufnehmen kann prägen die Landschaft beim Blick aus dem Busfenster von Gorice nach Ljubljana. Die Toskana kenne ich nur von Postkarten, aber das hier kommt diesen Bildern am nächsten.


... direkt in den Knast

Das Celica Hostel, in dem ich für die letzten Tage des Urlaubs absteige, ist in dem bis 1995 genutzten städtischen Gefängnis untergebracht. Entsprechend klein sind die Zellen, welche jeweils zwei Gäste auf Pritschen beherbergen.

Die Räume sind individuell von slowenischen Künstlern gestaltet worden, ansonsten dominiert Ikea typisches modernes Interieur. Beibehalten wurden die schwedischen Gardinen an Tür und Fenster und der Stacheldraht auf den Mauern, welche die Anlage einzäunen. Heute trinkt man im Hof gemütlich ein Bier, lauscht Live-Musik oder frühstückt wo es früher eine Stunde Freigang im Kreis pro Tag gab. Eine bombensichere Unterkunft, stilsicher und sehr liebevoll gestaltet. Heute muss man sich in der Dusche nicht mehr ängstigen wenn man sich, nun ja, nach der Seife bückt.





Zellengenosse ist Eric aus den USA. Was wir für unsere Einleiferung hier verbrochen haben ist nicht klar, aber wir kommen gut miteinander aus. Er reist auf seine alten Tage einfach so in der Welt herum und ist dieses Mal hier gestrandet. Seinen Lebensunterhalt bestreitet er aus dem Erlös des Verkaufs seines Hauses, welches er zum Glück vor zwei Jahren und vor Beginn der Wirtschaftskrise versilberte.

Nebenan dominiert in diesem Stadtviertel in Bahnhofsnähe ein alternativer Lebensstil. Die nach dem Abzug der jugoslawischen Armee nicht benötigten Gebäude wurden kurzerhand von jungen Leuten besetzt. Heute tummeln sich in den mit einschlägigem Grafitti bemalten Gebäuden die für solche Anlagen üblichen Künstler, Punker und Drogenabhängige. Ein sehr lebendiges Viertel das ich einem Reisenden auf jeden Fall empfehlen kann.


Ljubljana - Stadt der Brücken

Das Stadtbild von Ljubljana ist durch unzählige Brücken, welche über den gleichen Fluss gespannt sind, geprägt. Jede dieser Brücken hat eine eigene Geschichte die ich mir aber nicht alle merken kann. Eine Brücke heißt Kopfsteinpflasterbrücke, obwohl Kopfsteine das einzige Baumaterial sind, welches in dieser Brücke nicht verbaut wurde. Legendär und einzigartig ist die Dreier-Brücke: Direkt links und rechts flankierend neben eine bestehende Brücke hat man einfach zwei weitere, identisch aussehende, Brücken gebaut. Der Ljubljaner und Tourist hat heute die Qual der Wahl zwischen diesen dreien wenn er trockenen Fußes auf die andere Seite will. Alternativ kann er ab auch einfach eine von den anderen Brücken nehmen,

Alle Brücken dienen heute dazu, Gäste von der Bar auf der einen Flussseite zur einer Bar auf der anderen Flussseite (oder umgekehrt) zu bringen. Damit sind sie die einzigen Orte am Fluss, an denen man sich nicht hinsetzen und ein Getränk bestellen kann


Slowenien: Land der Pferdewurst

Nicht nur die weltberühmten Lipizaner-Pferde habe hier in Slowenien ihre Heimat. Pferde sind hier vor allem auch integraler Bestandteil der Speisekarte. Und in vielen Schnellimbissen wird der Hamburger selbstverständlich mit Pferdewurst-Bulette beleget (wenn man sich nicht explizit etwas anderes wünscht).

Das mache ich natürlich nicht und tue gut daran. Pferdefleisch schmeckt hervorragend, warum ist das bei uns in Deutschland nicht auch weiter verbreitet? Ich muss hiermit meine Meinung zu Pferden revidieren: Diese stolzen und edlen Tiere sind doch zu etwas gut!

Die Tischkicker-Industrie liegt derzeit am Boden und bereitet der Regierung größte Kopfzerbrechen. Pragmatische Lösung: Das letzte noch funktionstüchtig verbliebene Gerät der Stadt wird, jeweils stundenweise, zwischen den vielen Bars ausgetausscht. Bisher hat das auch noch keiner gemerkt.

Hier endet der vorletzte Teil der Reiseberichte aus Slowenien. Morgen werde ich mich noch etwas im Lande umschauen. Ob Lipizaner-Pferdehamburger genau so gut schmecken wie die in welchen ordinäre Pferde verwurstet werden und ob Barcelona die Champions-League gewonnen hat erfährt der geneigte Lese demnächst hier oder ganz wo anders ...

25.5.09

Slowenien Teil 2:Bled & Bohinj

22.5. - 23.5.2009: Bled

Raus aus der Stadt, ran an den Nationalpark


Der Bus bringt mich morgends um 7:00 Uhr nach Bled. Allgegenwärtig sind in Slowenien Bars und Cafes, jede Straße hat mindestens fünf davon. Entspannt verkürzt man sich hier die Wartezeit oder schlägt einfach so die Zeit tot, wenn es nichts zu warten gibt. Da ich am Bahnhof von Ljubljana zu so früher Stunde auf Burger von McDonalds keinen Hunger habe und auch keinen Kaffee trinke setzte ich mich in eines der drei Cafes mit Blick auf die Gleise, bestelle mir ein erstes Bier und beobachte die Pendler auf ihrem Weg zur Arbeit in die Stadt. Es funktioniert: Die Zeit vergeht wie im Fluge und ein paar Biere später steige ich gut gelaunt in den Bus nach Bled.

IMGP6136Der Triglav (deutsch: etwa "Dreikopf"), mit 2900 m höchster Berg Sloweniens der es sogar auf die nationale Flagge geschafft hat. Eine Frage der Ehre für jeden Slowenen: mindetsens einmal im Leben den Triglav besteigen


Bled: Burg und Insel


Bled, quasi Queenstown Sloweniens, ist das östliche touristisch perfekt erschlossene (manchmal zu perfekte) Einfallstor in den Triglav Nationalpark. Der action-orientierte Reisende kann zwischen Aktivitäten wie Abseiling, Rafting oder Paragliding wählen. Ich ignoriere Dienstleistungen dieser Art und entscheide mich für die Klassiker, die eher kleingedruckt als Fußnote auf der Speisekarte der angebotenen Aktivitäten stehen: Rad fahren, Minigolf und simples Wandern.

Idyllisch an einem See umrahmt von den Ausläufern der Julianische Alpen gelegen wirkt der Szenerie mit einer Burg und einer kleinen Insel mit eingebauter Kirche (laut Reiseführer eine von zwei Inseln überhaupt in Slowenien) wie an einem Reißbrett nach Vorgabe von Walt Disney oder eines B/Hollywood-Regisseurs entworfen. Eine Spur zu kitschig um real zu sein (obwohl mit 1000 Jahren auf dem Buckel doch authentisch und nicht künstlich), Neuschwanstein nicht unähnlich. Aber sehr schön, ein echter Hingucker. Eigentlich flitzt man hier den ganzen Tag nur rum und fotografiert die Insel, die Burg oder einfach beides aus wechselnden Perspektiven, dem Sog dieser Sehenswürdigkeiten kann ich mich nicht erfolgreich entziehen.

IMGP5942See, Insel, Burg und Kirche üben eine unwiederstehliche Anziehungskraft aus...

Bleibe in Bled und Nightlife

In Bled gönne ich mir ein Einzelzimmer in einem der vielen Hotels. Weil hier noch Nebensaison ist und das Angebot die Nachfrage stark übersteigt komme ich mit günstigen 35,- € pro Nacht aus. Ein sehr fairer Deal: Inklusive Frühstück, Benutzung gut gepflegter Mountain Bikes so lange man will und Internet-Zugang. Das blickt man lässig über das kitschige kiefer-imitat alpineske Interieur hinweg.

IMGP5961Gentrifizierung mal anders: Althergebrachte Architektur lässt man verrotten, modern wirkendes wie dieses (Hotel Berc im Hintergrund) achiessen allerorten aus dem Boden

Betreiber und Namensgeber des Hotels ist Josis Berc der besser Deutsch als Englisch spricht. Mit breitestem slawischen Akkzent verkündet er beim Einchecken, das ich ruhig später zahlen kann „Ärst das Värgnjügen, spähter die Koole“. Kreditkarten nimmt er ebenso wenig wie auch sämtliche Bankautomaten der Stadt meine EC und Kredit-Karten konsequent ignorieren. Als Ass im Ärmel führe ich noch eine Postbank Sparcard mit mir und löse das finanzielle Problem bis zum Ende des Urlaubs indem ich auf einen Schlag 800,- € abhebe. Das ist deutlich mehr als ich in den nächsten Tage brauchen werde.

Als Einzeltourist bleibt man weitesgehend alleine und verschwindet anonym in der Masse der Pauschal-, Gruppen- und Familientouristen. Wer Geselligkeit und Anschluss sucht sollte daher besser in einem Hostel absteigen. Davon gibt es in Bled genau eines das auf den schönen und einladenden Namen „George Best Backpacker“ hört. Ich entdecke es aber zu spät und es ist mit ein paar Kilometern vor der Stadt zu abseits gelegen als das ich mal eben spontan auf ein Bier vorbeischauen kann. Bei dem sympathischen Namenspatron Best („Mein ganzes Geld habe ich für Frauen, Alkohol und schnelle Autos ausgegeben – und den Rest habe ich verprasst“) würde ich ein Fußballaffines Publikum oder zumindestens Betreiber erwarten. Leider bleibt die Gelegenheit aus, diese Theorie zu verifizieren.

Internet hörend nehme ich die Ergebnisse des letzten Spieltages, den Abstieg Bielefelds und den Meistertitel Wolfsburgs, zur Kenntnis. Ersteres ist wahrlich kein Grund zu feiern und Lokalrunden zu schmeißen, aber wer nur rekordverdächtige vier Male als Sieger vom Platz geht und am letzten Spieltag zu Hause nicht einmal die Trümmertruppe Hannover schlägt hat es auch nicht besser verdient. Also freue ich mich auf zwei Begegnungen zwischen Bielefeld und Pauli die zuletzt in der Saison 2000/2001, wenn ich mich recht erinnere, in einem Ligaspiel aufeinander trafen.

Das Nachtleben ist in diesem Ort spielt sich in einem Casino, welches mein Geld verschmäht und mir den Eintritt verweigert (und ich bin zu Stolz, ein zweites Mal in Hemd, Anzug und Krawatte anzutanzen – obschon ich diese Bekleidung in meinem Gepäck mitführe), und in einer Handvoll von Cafes und den obligatorischen Diskos ab. Noch bis spät in die Nacht flanieren Touristen an der See-Promenade und bewundern das nächtlich beleuchtete Schloss. Die einheimische Jugend hängt einen Steinwurf entfernt in Cliquen in ihren privaten PKWs ab und verbringt die Nachtstunden mit selbst mitgebrachtem Bier und selbst abgespielter Bass-lastiger Musik – also ähnlich wie bei uns.


Musik und Kulturaustausch


Überhaupt Musik: Im „Art Cafe“, in dem ich den Samstag Abend verbringe, bezieht man den Namen nicht als Anspruch an die Musik und verlässt sich auf Radio-kompatiblen Euro-Trash Beschallung. Mit bohleskem Modern Talking und Bonnie Tyler liegt man selten daneben und kann wenig falsch machen. Außerdem bin ich ja nicht zum tanzen hier. Öfter höre ich diese Tage in den lokalen Radios und Kneipen ein Lied in dem eine Sängerin lasziv ihr Poker Face besingt. Zwischendurch rappt sie hilflos „Pa Pa Pa Pa Pa Poker Face“. Ob sie wirklich ein solches hat oder nur davon singt kann ich nicht aufklären, denn ich kenne die Künstlerin nicht und auch das dazugehörige Video ist mir fremd. Text und Musik sind jeweils ausreichend banal das es für einen Sommerhit 2009 dicke reichen sollte.
Gerade als ich dieses schreibe, spielt das Radio „Where do you go my lovely?“. Ein Klassiker der auch gerne mal häufiger im deutschen Radio gespielt werden darf. Bei den anwesenden Slowenen kommt dieser Chanson ähnliche Titel gut an. Was vermutlich vor allem an der tragenden Verwendung eines Akkordeons liegen mag, das ist hier nationales Instrument Nummer eins.

Mein bescheidener Beitrag zur Völkerverständigung und zum Kulturaustausch besteht in der Nachfrage nach einem „White Russian“. Auch wenn dieser nicht auf der Karte steht sind die Betreiber doch sehr flexibel und bereiten ihn mir nachdem ich geheime Details zur Mischung („Very simple: 1/3 Wodka, 1/3 Kalhua and 1/3 Milk – thats it“) bereitwillig preisgebe und nach skeptischer Nachfrage („Milk???“ „Yes, Milk!“ „Are you sure?“ „Ist der Papst katholisch“?). Kreativ packen sie eine Zitrone dazu, abgesehen davon schmeckt der weiße Russe aber ausgezeichnet und sie können ihn nun bedenkenlos auf die Getränkekarte aufnehmen. Lediglich ihre Preispolitik sollten sie noch einmal überdenken, denn 3,- € pro halben Liter ist für dieses königliche Getränk doch etwas billig – schließlich ist dieser edle Tropfen ein vollwertiger Cocktail und kein arme Leute Gesöff. Es darf preislich gerne in Regionen eines „Sex on the Beach“ (5,- €) vorstoßen. Zu diesem Vorzugspreis gehört der Abend nach ein paar Litern mir.



Sehenswertes in Bled

Auf jeden Fall der See inklusive Burg und Kirche am See. Der Schweiß, den Burgberg zu erklimmen und einen Berg nahe der Insel mit Blick auf beides ist gut investiert. Auf den Almen in den umliegenden Bergen weile ich, per Mountainbike erklommen, für Stunden allein mit der grandiosen Aussicht, Gott, mir und der Welt halbnackt während mein T-Shirt auf der Wiese trocknet. Alleine die Abfahrt, das kühle Wasser aus den Brunnen so das ich nur knapp der Versuchung, mich im Auffang-Trog zu wälzen, wiederstehen kann. Welch Erfrischung, mir fehlen die Worte!

Auch die nahe Gebirgsklamm 5 KM vor Bled ist einen Abstecher wert. Kubikmeter von Wasser zusammengepresst die sich urgewaltig durch die engen Bergspalten quälen. Dazu das ohrenbetäubende Geräusch ähnlich eines startenden Flugzeugs, der zornige weiße Schaum auf dem kühlen türkisen Nass. Und die schattige Kühle dort unten in der Klammen die brennenden Außentemperaturen von 27° erfolgreich achselzuckend trotzt.

Sonstiges nebenbei


In Deutschland spreche ich Deutsch, im Ausland aus Prinzip Englisch (denn das jemand außerhalb Deutschlands Deutsch spricht ist für mich keine Selbstverständlichkeit). Das ist hier nicht notwendig, denn häufig ist das touristisch geschulte Personal und auch die Mitarbeiter in den Läden der deutschen Sprache mächtig. Das ergibt Sinn, denn viele Reisende kommen tatsächlich aus deutschsprachigen Ländern (meistens aus Österreich) und so sind auch die Speise- und Getränkekarten oft dreisprachig.

Bisher wurde ich zwei Mal als Tscheche und einmal als Russe eingeschätzt (was vermutlich an meinem „Gazprom St. Petersburg“ T-Shirt lag). Und um nicht in einen Topf mit meinen Landsleuten geschmissen zu werden spreche ich weiterhin konsequent Englisch.

Deutsche Touristen fallen mir vor allem negativ durch Wörter wie „Frechheit!“ und „Unglaublich!“ auf wenn sie die Preisgestaltung der Getränke-/Speisekarten kommentieren. Bier ist hier gut und billig (etwa 2 € pro halben Liter), an bestimmten Brennpunkten wird aber auch gerne mal 3 € verlangt. Das ist in alpinen Klausen, in denen die Anlieferung mit Eseln und Seilbahnen durchgeführt wird, auch in Ordnung. Kein Grund, zu meckern. Und wenn es sich vermeiden lässt möchte ich mich mit diesen meckernden Jammer-Freaks auch nicht über Gebühr gemein machen. Sich sprachlich abzugrenzen ist dazu eine funktionierende Möglichkeit.

Eine neue Gruppe von Touristen sind neuerdings Chinesen. Chinesische Individualtouristen bin ich bisher noch nicht über den Weg gelaufen. Bevorzugt reisen sie im Schutz des Rudels und bleiben unter ihres gleichen. Der Führerin folgen sie wie Lämmer und bringen ihr Staunen durch Laute wie „Ohhh“ und „Ahhh“ zum Ausdruck. Um das zu verstehen braucht man keinen Chinesisch Kurs. Eine Chinesin fragt ihre Freunde in Budapest neben mir, ob die Aussicht nicht atemberaubend schön ist. Ich pflichte ihrer Einschätzung bei und gehe weiter, denn für weitergehende Konversation in Mandarin sind meine Sprachkenntnisse doch zu begrenzt. Trotzdem komme ich mit dem ein oder anderen Reisenden ins Gespräch. Eine Reisegruppe aus Chengdu ist derzeit auf einem „Europe in 10 Days“ Trip. Diese scheinen alle in Paris zu starten und zu enden. In Deutschland waren sie auch schon. Die meisten Gruppen chinesisch reisender kommen anscheinend aus Taiwan. Schade, das sie meistens des Englischen nicht mächtig sind und es so nur zu sehr rudimentären Gedankenaustausch, meistens das Wetter und die Herkunft betreffend, kommen kann. Aber die Freude, in der Fremde unerwartet mit zwei drei Brocken schlecht gesprochener chinesischer Sprache konfrontiert zu werden ist doch ersichtlich und für mich eine willkommene ungefragte Übung.


25.5. - 26.5.2009: Bohinj

Tiefer rein in den Nationalpark

Bled war nur der Anfang, heute reise ich tiefer rein in den Nationalpark rund um den Triglav-Berg. Südlich dieses Massivs findet sich ein weiterer See, der Alster.große See nahe Bohinj (auf alten deutschen Karten als Wochheimer See bekannt). Ähnlich Bled, aber ohne Burg und Insel und viel verlassener.

IMGP6051Kurz vor dem Aufstieg zum Triglav, warum dieser Berg erst im 18. Jahrhundert das erste mal bestiegen wurde bleibt mir unverständlich, aber immerhin

Dieser Ort ist touristisch nicht so überlaufen obwohl er ein sehenswerteres Panorama bietet. Abends ist hier der Hund verfroren, außer ein paar Bier beim Sonnenuntergang geht hier ab Abends ab 10:00 Uhr nichts mehr. Der nächste Ort mit mehr als 80 Einwohnern und Bahnanschluss ist eine halbe Stunde mit dem Bus (derzeit 4x täglich) entfernt.

Kulinarisches

Der Standard: Gutes Frühstück im Hotel am Morgen, tagsüber halte ich mich mit Crackern, Obst, Käse und Salami aus den örtlichen Supermärkten über Wasser. Und Abends suche ich ein richtiges Mal in einem Restaurant.

Kulinarisch eine Katastrophe ist das einzige Restaurant hier am Platz. Ein guter Grund, um den Hungertod zu sterben. Das Fleisch ist von der miesestens Qualität vor Fett triefend dass ich es nicht herunterbekomme. Die Krönung ist der Djuvec Reis: Vermutlich in der Mikrowelle erhitzt und pampig bis zu dorthinaus stinkt er unappetitlich und bestätigt dieses Vorurteil beim kosten (mehr als eine Gabel von diesem Zeuch schaffe ich nicht). Ich muss spontan an eine Fernsehsendung wie „Die Restauranttester“ (oder so ähnlich, irgendwas zwischen RTL2 und Pro 7), in die ich vor kurzem hereingezappt bin, denken: Die hätten hier eine Menge zu tun, wegen der Monopolstellung gibt es aber keinen Anlass, hier aktiv zu werden.

IMGP6116Gemse heisst auf Slowenisch "Zlatorog", sie kann an allen Orten in der freien Wildbahn oder in Bronze gegossen bewundert werden.


Sehenswertes im Bohinj See


Der See selbst und sein Alpenpanorama. Von hier kann man überall die Gipfel der Julianischen Alpen, also besonders den Triglav, sehen. Wegen der Nationalparkzugehörigkeit darf auf dem See nur ein Schiff mit Elektro-Motor fahren.
Die Quelle der Savic die in einem imposanten Wasserfall in den See herunterpoltert. Und diesen Gletschersee permanent mit frischem Wasser versorgt. Das ist ein Charakteristikum der Kalksteinberge hier: Alles Wasser mündet irgendwann im See, manchmal vorher in einer unterirdischen Höhle gespeichert, dann aber doch. Hier versickert kein Wasser im Grund, sondern es wird über Stein immer dem See zugeliefert. Der hatte so zuletzt 1996 einen Höchstand, in dem das Wasser nur 20 cm unter der Brücke des Ortes abfloss.

Der See ist mit 45 m unüblich tief. In diese Tiefen stoße ich jedoch nicht herab als ich ein Bad im derzeit 13° C warmen Gewässer nehme. In Unterhose, ist ja eh keiner da, den das stören könnte. Sehr erfrischend, aber auch kühl wie ein Kneipp-Bad.

IMGP6112Die Zlatorog (deutsch "Gemse"), ganzer Stolz der slowenischen Binnenschiffahrtsmarine. Ein Land mit handtuchgroßer Küste von etwa 40 KM beschränkt sich halt auf das wesentliche, das Schiff war in den 60ern in Deutschland in Berchtesgarden im Einsatz.

Auf den Berg Vogel (wird auf slowenisch „Wogel“ ausgesprochen). Auf dem Plateau liegt auch jetzt immer noch meterweise hartnäckiger Schnee (und das Ende Mai!) der vom Ende der letzten Eiszeit anscheidend nichts mitbekommen hat. Ich stapfe drei Stunden tapfer auf den Hügel um dann festzustellen, das ich hier nicht mehr weiterkomme.

Ausgerechnet meine treuen Doc Martens, die mich weltweit schon so weit begleitet haben, geben hier ihren Geist auf. Die rutschige Gummisohle ist gebrochen und lässt Schnee und Wasser in den Schuh und die Socken. Auf den Schneefeldern, auf denen ich ab und zu knöchel- bis kniettief einsinke geben mir den Rest. Ohne besseres Schuhwerk werde ich die letzten 100m zum Gipfelkreuz nicht erklimmen können (ich versuche es trotzdem und gebe nach 30 Minuten frustriert auf). Der heute morgen frisch gekaufte Käse ist schimmelig und ich hisse die weiße Fahne. Ausnahmsweise geht es mit der Seilbahn runter ins Tal und zurück zum See. Die Erstbesteigung durch mich muss sich noch ein wenig gedulden. Aber der Frust verraucht ob der schönen Aussicht und spätestens nach einem Bad in dem See schnell.

IMGP6126In der Nähe des Vogels, ganz auf den Gipfel komme ich leider nicht.

Wettertechnisch gehören hier Gewitter zum guten Ton. Obwohl tagsüber die helle Sonne knallt zieht sich der Himmel regelmäßig ab 16:00 Uhr zu. Es folgen Gewitter die ihres gleichen suchen und nach einer Stunde ist der Spuk regelmäßig beendet...

Alle Bikder meines Urlaubs gibts auf flickr. Morgen reise ich zurück nach Ljubljana

22.5.09

Slowenien Teil 1: Auf nach Ljubljana

Prolog: Auf nach Slowenien

Mit meinem hohen Resturlaubsberg war es nur eine Frage der Zeit, bis man mich bat, Teile davon zu nehmen. Das ist letzte Woche plötzlich passiert und spontan habe ich mich nach einem lohnenden Reiseziel umgeschaut. Bei einem Kurzurlaub kommt nur ein nahes Ziel in Europa in Frage. Auch wenn ich auf meiner Reiseliste despotischer Willkürregime gerne hinter Weißrussland einen Haken machen möchte ist dieses ohne ein Visum im Pass so schnell nicht zu erreichen.

Nach einen kurzen Blick in den Lonely Planet Osteuropa fällt die Wahl daher auf Slowenien, dem Eintrittstor zum Balkan. Ein bescheidenes, kleines und sehr unauffälliges Land das sich sehr erfolgreich zwischen Österreich, Italien und Kroatien versteckt. Etwa so groß wie eine Sachsen oder eine australische Schaffarm kennt man es vielleicht bestenfalls von der Durchreise. Und da ich Slowenien immer nur durch eine mühsam konstruierte Eselsbrücke von der der Slowakei (weiter oben neben Tschechien) unterscheiden kann muss ich da einfach mal hin und aktiv an diesem Manko arbeiten.




21.5.2009: Hamburg – Ljubljana (via Budapest)

Budapest und ungarische Salami

Mit der ungarischen Malev geht es in einer kleinen Fokker erst einmal nach Budapest. Die Wartezeit von sechs Stunden vor dem Weiterflug verkürze ich mit einer kurzen Stippvisite in der kosovarischen Hauptstadt.

Es ist brutal heiß, ähnlich wie in Kiew, vermutlich schwitzt man sogar in der Wüste weniger. Statt Heizpilzen im Winter sind die Aussenflächen der Cafes deshalb großflächig durch Schatten spendende Sonnenschirme und grotesk große Ventilatoren mit einem halben Meter Durchmesser ausgestattet. In letztere hat man kleine Wasserpistolen integriert welche Wasser zerstäuben und so effektiv für eine gute Luftfeuchtigkeit sorgen. In diesen Oasen kann man es aushalten.

Schweißflecken im Achselbereich bekomme ich beim besteigen des Burgbergs der pittoresk über der Stadt thront. Im Gepäck einheimische Salamiwurstware, Käse und Apfelstrudel die ich mir in der sehenswerten alten Markthalle gekauft habe und beim Blick über Budapest verputze. Vielleicht muss man die Wurst hier vor dem Verzehr waschen, pellen oder anderweitig bearbeiten. Oder es liegt am Reisemagen. Jedenfalls blockiere ich später beim Flughafen die Männertoilette für geschlagene 20 Minuten und lasse zwei Sudokus lösend dem Durchfall freien Lauf. Die leckeren Spezialitäten bleiben somit im Lande.

Werder Fans auf dem Heimweg

Am Budapester Flughafen stolpere ich über ein paar übernächtigt und geknickt wirkende hier gestrandete Werder Bremen Fans. Fan-Schal (total bekloppt bei Außentemperaturen von 30°C + x) und Trikot tragen sie vermutlich seit 48 Stunden oder noch länger. Auch die beste sportliche High-Tech Funktionskleidung kann hier eine Bestimmung der Tragedauer allein durch den Geruch nur schwer unterbinden.

Meine aufmunternden teilnehmenden Worte verpuffen wirkungslos. Grundtenor: Spiel Scheiße, Istanbul noch mehr viel mehr Scheiße und chaotisch bis zum dorthinaus. Den HSV Fans, welche vor Wochenfrist in Vorfreude auf die UEFA-Cup Finalteilnahme noch „Istanbul ist schöner als Berlin“ sangen, sei gesagt, das dem nicht so ist. Man muss das dem Werder Fan, der nun beide Städte kennt, einfach glauben.

Rüber nach Slowenien

Mit einer Turboprop Maschine brasilianischer Bauart (EMBRAER) geht es von Budapest Richtung Alpen. Der Flieger ist so klein das ich nicht einmal meinen Handgepäck-Rucksack mit in den Innenraum nehmen darf. Er passt einfach nicht in die Schuhkartongroße Hutablage über den Sitzen. Die Stewardess sieht das aber nicht so eng: ich darf ihn einfach auf einen der freien Plätze legen und muss ihn auch nicht anschnallen. Freie Platzwahl da heute Abend nur etwa 18 Reisende (17 Slowenen und ich) nach Ljubljana wollen. Nur ein drittel der verfügbaren Plätze sind besetzt und je nach Flugrichtung wechsele ich während des Fluges mehrfach auf einen anderen Fensterplatz.

Der Bord-Service ist familiär intim. Man scheint sich persönlich zu kennen und häufiger zusammen die Strecke zu fliegen. Der Stewardess ist es heiß und sie entledigt sich ihrer Kostümjacke und ihrer Weste (die darunter liegende weiße Bluse lässt sie aber an). Dann greift sie in einen Pappkarton und schmeißt jedem Fluggast ein Tetrapack Orangensaft, andere Alternativen gibt es nicht, auf Zuruf zu, dabei etwas russisch klingendes wie „Opa Opa“ (auf deutsch etwa „Hopp Hopp“) rufend. Wer nichts trinken möchte fängt das Ding einfach nicht auf. Als Snack gibt es eine aufwendig in Plastik verpackte Pfeffernuss. Vielleicht ist die noch vom letzten Weihnachten über, bis zum nächsten christlichen Wiegenfeste ist sie jedenfalls nicht mehr haltbar. Von dem Lebkuchen- und Zimtgeschmack stellt sich bei mir eine adventliche Grundstimmung ein die so gar nicht recht zur Jahreszeit und auch nicht zu den hochsommerlichen Temperaturen passen will.

Der kleine Flieger schlingert beim Start mächtig auf dem Rollfeld. Die Propeller geben sich sichtlich Mühe, genug Kraft zum Abheben zu erzeugen. Kurz vor Ende der Laufbahn gelingt es ihnen schließlich und man kann ihnen nun beim Kampf gegen die Schwerkraft zuschauen, mühsam schraubt sich der kleine Flieger im Steigflug Zentimeter um Zentimeter höher in die Luft. Der Anflug auf die durch den Sonnenuntergang rötlichgelb glühenden Alpen würde einen Extrazuschlag auf den Flugpreis rechtfertigen. Bevor wir aber in die Berge am Horizont knallen entschließt sich der Pilot, doch ordnungsgemäß den Landeanflug einzuleiten, er dreht bei und ähnlich holperig wie der Start gelingt die Landung ohne Probleme. Keiner der Passagiere klatscht, aber diese peinliche Unsitte aus der Zeit, als Fliegen für Otto Normalverbraucher eine seltene Außnahme darstellte, sind gottlob vorbei. Nach der Landung warte ich entspannt vor alpiner Kulisse bei einem kühlen Bier auf den Bus in die Stadt und es stellt sich erstmals eine Vorfreude-geschwängerte Urlaubsatmosphäre ein.

Roxy Zeppelin

Das Hostel meiner Wahl heißt „Zeppelin“, hat aber außer dem Namen rein gar nichts mit dem guten alten Fluggerät gemein. Hier lege ich einen perfekten Urlaubsstart hin: In der Stadt gibt es heute ein Konzert einer lokalen Rockgruppe for free und dort wird laut der Hostel-Betreiberin Anna auch White Russian ausgeschenkt - und da es nicht nur ihr Lieblingsgetränk ist kann sie auf meinem Stadtplan weitere Bars und Kneipen, wo es diesen gibt, mit kleinen Kreuzen markieren. Nebenbei ist das Hostel sehr sauber und die wenigen abgestiegen Gäste sehr freundlich.

Die Konzertlocation hört auf den schönen „Roxy“. In Deutschland ist dieser Name vor allem bei Dorfdiscos beliebt, diese spontane Assoziation führt aber hier in Ljubljana aber ins Leere. Die Band ist gut, spielt eigenes Material und covert den ein oder anderen Smash-Hit. Der Sänger trägt einen schönen inspirierenden maßgeschneiderten roten Anzug, der Drummer hat eine Fliegerledermütze auf dem Kopf und schaut so durchgeknallt aus der Wäsche als ob er nach dem Konzert direkt wieder eingeliefert wird. Beide beherrschen ihr Handwerk. In den Spielpausen gibt es AC/DC vom Band. Geraucht werden darf hier übrigens nur draußen.

Die Tür macht ein etwa 50jähriger vierschrötiger kompakter Mann der augenscheinlich früher mal in der Roten Armee sein Handwerk gelernt hat bevor er in den Security Bereich gewechselt ist. Er spricht kein Wort und schaut streng, nickt aber höflich beim Abschied. Probleme gibt es an diesem Abend keine. Und auch sonst kann ich mir das schwer vorstellen, die Slowenen legen eine Laos nicht unähnliche Gelassenheit an den Tag die zu einer friedfertigen Atmosphäre führt.

Die Spanier

Irgendwann gegen elf schaut dann noch eine Polizeistreife vorbei. Zu laut ist es eigentlich nicht. Die beiden Beamten verlassen ihr Fahrzeug, setzen sich die Mütze auf und rücken ihre Kleidung zurecht. Zielsicher greifen sie sich den Türsteher heraus der sie in einen nahen Hauseingang begleitet. Einer der Beamten macht sich Notizen, der Türsteher drückt dem anderen Polizist ein paar Geldscheine in die Hand und das war's.

Damien, den Betreiber des Hostels, den ich hier treffe kann dazu auch nichts erhellendes beitragen und wundert sich ebenso wie ich. Aus Barcelona stammend lebt er erst seit zwei Jahren hier in Slowenien und ist mit den lokalen Riten und Gebräuchen auch noch nicht so gut bekannt. Er ist der Stimme seines Herzens gefolgt und betreibt mit seiner Freundin Anna, die hier aus der Stadt kommt, das Hostel Zeppelin.

Zu Besuch ist sein Freund Juan aus Wien, auch er ist Spanier (was bei dem Namen ja Nahe liegt). Zwei nette Kerle und ein gelungener Abend bei nicht zuviel Bier. Nächsten Mittwoch werde ich beide eingefleischten Barcelona-Fans zum Champions-League Finale in eine örtliche Kneipe begleiten.

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Das wars fürs Erste. Ich habe jetzt Hunger und werde mir was zu Essen besorgen. Morgen mehr - und auch erste Bilder (die derzeit noch entwickelt werden müssen).


21.5.09

Über Budapest nach Ljubljana

Dobre Dan, Freunde!

Spontanurlaub zum Urlaubsbergabbau und Auslastungssteuerung. Also hab ich fix meinen Rucksack geschnürt und bin nach Slowenien gefahren. Bisher eine goldrichtige Entscheidung, mehr dazu bald an dieser Stelle.

Habe meinen eee-PC dabei. Das ist sehr praktisch: Ich brauche nicht mehr in miefigen Internetcafes Geld und Zeit ausgeben, kann die WLANs der Hostels für umme benutzen und in Reisepausen direkt die Berichte schreiben die ich sonst in eine Kladde mit meiner Sauklaue festhielt.

Heute bin ich über Budapest gereist. Hier erste Impressionen aus der albanischen Hauptstadt mit kurzen Kommentaren:



Auf ungarisch heisst "Gemüse" wirklich "Fözelek"! Hab das immer für einen infantilen Walter Moersschen Witz gehalten (siehe "Pimeperanto" in "Schöner leben mit dem kleinen Arschloch", sehr empfehlenswert). Auf dem fotografierten Schild eines Etablissements in Bahnhofsnähe handelt es sich also um die Speisekarte eines Restaurants in welchem auf Wunsch Gemüse als Beilage gereicht wird. Nicht zu verwechseln mit ähnlich lautenden sexuellen Dienstleistungen in anderen Etablissements, die sich üblicherweise auch in Bahnhofsnähe befinden.



Der berühmte Eiffel-Turm in Budapest. Hier kann man das Original bewundern, welches von Istvan Eiffel 1886 als Funkturm konzipiert und in der Nähe des alten habsburgischen K&K Hauptpostamt erichtet wurde. Weltweit gibt es unzählige billige Kopien - z.B. in Paris (errichtet von Istvans Cousin Gustav Eiffel) oder aus kleinen bunten Steinen im Legoland - doch das ungarische Original schlägt diese plumpen Fälschungen um Längen. Mit 458m ist es nicht nur Budapests, sondern gleichzeitig Europas grösstes Gebäude.



Ungarischer Wursthimmel. Salami in allen Farben, Konsistenzen und Geschmäckern der Welt. Ich kaufe fünf und scheisse vor dem Weiterflug nach Ljubljana das Terminal 2a halbstündig zu (siehe auch Reisebericht aus Yekaterinenburg, September 2004). Das Terminal ist inzwischen wieder für den Publikumsverkehr geöffnet und meine Reiseapotheke ist um eine Tablette "Imodium Akut" ärmer.



Ohne Worte - es gibt unzählige schöne Gebäude in Budapest (auf deutsch heisst das übrigens soviel wie "Albaniens stolze Perle", glaub ich).

5.5.09

Nippel tapen

 

Beim Joggen hatte ich heute so ein merkwürdiges ziehen auf Höhe der Brustwarzen. Hab mir wohl einen Wolf gerieben. An der federleichten und anschmiegsamen Oberflächensturktur des transnistrischen Fussballtrikots ("Sheriff") kann es nicht gelegen haben. Das hat immerhin umgerechnet 4 € gekostet, mehr war vom Zwangsdevisenumtausch auch nicht mehr übrig. Muss ich mir also in Zukunft einfach die Nippel tapen. Oder mir einen Sport-BH zulegen.
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