26.8.09

Tarantino: Inglourious Basterds

Mal eine Frage zum neuen Film von Tarantino: Der ist hier vor kurzem angelaufen und ich habe mich, beginnend mit der ersten Einstellung, weggeschmissen vor lachen.
Hier in Taiwan gibts im Kino nur Untertitel, synchronisiert wird aus Prinzip nicht. Das finde ich gerade für diesen Film auch sehr passend. Mal ein bischen Englisch, mal italienisch, mal ein wenig französisch und deutsch. Alles sehr leicht zu verstehen.

Und nun zur Frage an die Leser, welche den Film in Deutschland gesehen haben: Wird er dort synchronisert gezeigt? Hoffentlich nicht, das würde bei dem Film ja so ziemlich jeden Gag kaputt machen. Oder ist er partiell synchronisiert, d.h. die italinieschen und französischen Anteile nicht?

Würde mich mal interessieren - wers weiss: lasst mich hier nicht dumm sterben...

Zu Besuch auf dem Nachtmarkt

Nachtmärkte gibt es unzählige in der Stadt, in allen erdenklichen Größen. Wenn es dunkel wird, also zur Zeit so gegen 18:30 Uhr, trifft man sich hier mit Freunden um - na was wohl? - richtig: zu Essen. Außerdem kann man sein Geld in unzubereitete Lebensmittel (die feilgebotenen Waren reichen von Fisch über rohes Fleisch bis hinzu aller erdenklichen exotischen Arten von Früchten) und Produkte der Bekleidungsindustrie investieren.

Nachtmarkt: Gut gekleidet

Auch in Taiwan ist man gerne zeitgemäß gekleidet. Gut aussehen für wenig Geld, das ist kein Widerspruch wie oben abgelichtetes Modell eindrucksvoll demonstriert. Dieses stimmige Outfit für alle Lebenslagen, vom Strandbesuch bis zum Büroalltag, ist tutti completti für schlappe 25,- € zu haben - und mit wenig Verhandlungsgeschick sogar noch billiger!

Die Straßenhändler bieten auch Markenware beliebter Designer-Labels und diese oft zu einem Bruchteil des Preises, der sonst in vom Hersteller authorisierten Geschäften abgerufen wird, an. Und ganz bestimmt handelt es sich dabei immer um Originalware und keine billigen Fälschungen, wie einem jeder Händler auf Nachfrage versichert.

Nachtmarkt: Grillware

Alle Körperteile vom Rind, Schwein oder Huhn kann der hungrige Kunde direkt auswählen und sich so indviduell, ähnlich einem großen Buffet, zusammenstellen. Ein Zettel vermerkt Art und Umfang der ausgewählten Mahlzeit. Mit diesem Coupon in der Hand kann man sich dann wenige Minuten später die fertig gegrillte Ware abholen. Kinderleicht!

Aufpassen sollte man jedoch etwas bei der Auswahl der Speisen: Wenn etwas wie ein Hühnerfuss aussieht, dann ist es auch meistens einer. Und wie man sowas ißt weiss ich immer noch nicht - also Finger weg und lieber altbekanntes auswählen!

Nachtmarkt: Kleine Brötchen (1)

Nachtmarkt: Kleine Brötchen (2)

Meine Lieblingsspeise: Bao Tse. Kleine, heiße, gefüllte Brötchen. Gefülllt mit Zwiebeln und Gehacktem, mit Kohl, mit allem möglichen. Frisch gedämpft und so lecker wie es aussieht.

Nachtmarkt: Taiwanesische Currywurst

Wer hier eine Curry-Wurst oder überhaupt eine Bratwurst sucht wir nicht fündig werden. Das gibts hier nicht, wegen genügend guter Alternativen vermisst man es aber auch nicht. Das Ding auf dem Plakat kommt der Curry-Wurst noch am nächsten, inklusive Ketchup und Mayonaise.

Rauchen verboten!

Rauchen ist in Gebäuden generell verboten, in vielen Kneipen aber erlaubt. Wer sich nicht dran hält bekommt Besuch von der oben abgelichteten Dame. Und wird vermutlich mit dem Knüppel bestraft weil man unartig war.

Das ist praktisch, denn oft muss man (in Deutschland) für eine solche "Bestrafung" in einschlägigen Etablissements inklusive asiatischer Verkleidung der Bestraferin viel Geld bezahlen. Hier ist es ein Gratis-Service in dessen Genuss man durch das Abbrennen einer Zigarette kommen kann. Wenn sich das erst einmal rumspricht...

You are in the army now!

Das Plakat will mit der dargestellten Strandszene zum freiwilligen Dienst in der Armee animieren. Wer also gerne halbnackt am Strand liegend mit anderen Jungs eine menschliche Pyramide bildet und dafür auch noch bezahlt werden möchte, für den ist die taiwansische Armee vielleicht der ideale Platz.

Ob man auf sowas steht oder eher doch nicht kann man leicht im Rahmen des regulären Wehrdienstes ausprobieren. Der dauert hier ein Jahr. Der Bassist einer Rockband, den ich neulich auf einem Konzert kennen gelernt habe, muss ab September seinen Dienst antreten, sieht der ganzen Sache aber entspannt entgegen.

Anders ein in den USA lebender Exil-Taiwanese. Um seinen taiwanesischen Pass behalten zu können ist er hier aufgekreuzt, hat sich gegen etwas Geld untauglich mustern lassen und reist nun wieder zurück in die USA.

24.8.09

Bilder und ihre Geschichten

Wie der geneigte Leser auf meiner FLICKR Seite sehen kann habe ich bisher fleißig meinem liebsten Hobby, dem fotografieren, frönen können. Der Versuchung, Geld für neue Linsen oder andere Gerätschaften auszugeben, habe ich bisher wiederstehen können. Anbei heute im folgenden ein paar Bilder mit erläuterndem Text.


Zweites AKW Taiwans nahe Taipei

In Taiwan wird nach wie vor unerschrocken auf Strom aus Kernkraftwerken gesetzt. Im Bild ist das zweite von insgesamt vier Atomkraftwerken des Landes zu sehen. Die Anti-Atomkraftbewegung war ein wesentlicher Teil der Demokratisierungsbewegung welche in der Gründung der DDP Partei mündete. Die DDP Partei hatte die amtierende KMT Partei Ende der 90er Jahre erfolgreich aus dem Amt jagen können und hatte ihrem Wahlversprechen folgend den Bau eines fünften AKWs mit dem Hinweis, in Sachen „Energiepolitik möge man zukünftig lieber von Deutschland lernen“ (Präsident Chen Shiu-bian), gestoppt.

Derzeit mit der KMT in Regierungsverantwortung erlebt die Nutzung von AKWs wieder eine gewisse Renaissance. Einig ist man sich darüber, das es auf der Insel keinen sicheren Platz für neuere Kraftwerke gibt. Diese wie bisher praktiziert in die Nähe von großen Städten, in nicht Erdbeben- und Erdrutsch-sicheren Gebieten zu errichten ist aus Gründen der Sicherheit gerade jetzt, nach dem schweren Taifun, politisch jedoch nur schwer umsetzbar.

Früher wurde der Atommüll auf kleinere, zu Taiwan gehörende, Inseln im Pazifikraum verschifft. Die Yami-Ureinwohner auf der Orchideeninsel kann man heute allerdings nicht mehr so leicht täuschen wie das in der Vergangenheit der Fall war: eine als Fischkonservenfabrik deklarierte Endlagerstätte für schwach radioaktiven Atommüll auf der Orchideen-Insel wurde dann doch auffällig als keine Fischkonserven die Anlage verliessen. Außerdem hat man einen Wiederspruch zur gewünschten touristischen Nutzung dieser Inseln erkannt. Auch hier kann man von Deutschland lernen und sollte vielleicht eine Delegation in das „Kernkraftwunderland“ nach Kalkar entsenden.


Beleuchtung eines Kraken-Kutters

Fische und andere Meeresbewohner sind ein integraler und extrem beliebter Bestandteil taiwanesischer Küche. Um Kraken in allen erdenklichen Größen zu fangen bedarf es jedoch eines Tricks: Bei Nacht fahren mit überdimensionierten Glühbirnen ausgestattete Kutter aufs Meer.

Die eingeschaltete Christbaumbeleuchtung dieser Kutter simuliert den Kraken ein Vollmondszenario das sie zum auftauchen in fanggerechte Wassertiefen animiert. Wieso die Kraken seit Jahren auf diesen wenig subtilen Trick hereinfallen und nicht merken, das mehr Lampen an sind als das Monde um die Erde kreisen habe ich noch nicht verstanden. Der Erfolg dieser Fangmethode gibt den Fischern augenscheinlich Recht.


Tanzsaal unter der Autobahn I
Tanzsaal unter der Autobahn II

Es mangelt in Taipei an Parks, davon gibt es nur eine handvoll. Sie scheinen eher zufällig entstanden zu sein und machen nicht den Eindruck, als verdanken sie ihre Existenz einer planerischen Handlung. Oft wurde wohl einfach vergessen, eine entstehende freie Fläche zuzubetonieren oder dort ein Hoch-/Wohnhaus zu errichten.

Parks haben aber bei den vorherrschenden Wetterbedingungen auch einige Nachteile, weshalb man ihr Fehlen hier wohl nicht über die Maßen groß vermisst: Ihre Unterhaltung kostet Geld, sie können nur wenig Schutz gegen die Sonne und das schweineschwülheiße Wetter bieten,
und bei Regen sind sie außerdem weitesgehend unbenutzbar.

Pragmatische Lösungen um trotzdem öffentlich nutzbaren Raum im Freien für die Bürger Taipeis zu schaffen sind in die Stadtautobahnen integrierte Plätze: Unter den Auffahrten für diese Schnellstraßen sind mit Bänken und Deckenventilatoren ausgestatte Freiflächen eingebaut. Die Grundflächen sind grasgrün angestrichen, kniehohe einrahmende Betonblocker verhindern eine Überflutung im Falle eines Regengusses und das befahren der Fläche mit Motorrollern.

Dem Straßenlärm trotzend kann man hier feine Partys feiern und stört keinen Anwohner durch zu lauten Lärm. Über einen in die Wand integrierten Münzfernsprecher können bei Bedarf weitere Gäste hinzu- oder ausgeladen werden. Mahnend weist eine Wandinschrift darauf hin, an diesem Ort bitte nicht zu grillen.

Beliebt sind diese Orte vor allem bei älteren Mitbewohnern der Stadt die sich hier in sich für mich nicht erschließenden Abständen zu Tanzveranstaltungen verabreden, vergleichbar in etwa mit den samstäglichen Rentnertanztreffen in „Planten und Bloomen“ in Hamburg. Der glatte Bodenbelag eignet sich tatsächlich gut dazu, hier das Tanzbein zu schwingen. Auch früh Morgens beim Sonnenaufgang werden diese Flächen gerne im Rahmen kollektiver Frühgymnastik (Tai Chi) genutzt. Was hier Abends so abgeht oder auch nicht habe ich bisher nicht beobachten können. Vermutlich wird einfach gegrillt, denn in Taiwan wird gerne gegegessen.


Sonnenschutz durch Schirm

Wichtigster Schutz gegen die Sonne sind Schirme. Auch bei feinstem Sonnenschein und positivstem Wetterbericht verlassen vor allem Taiwanesinnen nicht das Haus ohne eine Regenschirm der bei Regen und bei Sonnenschein getragen wird.

Grund hierfür ist weniger die nachvollzielbare Schatten und damit Kühle spendende Wirkung der Schirme, sondern ihr Schutz gegen UV Strahlung und eine damit einhergehende Bräunung der Haut. Sonnencreme habe ich in einschlägigen Drogeriemärkten bisher nicht im Sortiment gefunden, stattdessen dominieren Regalmeter an Weissmachcreme.

Einem westlichen Standards nicht kompatiblem Schönheitsideal folgend wird Hautbräunung nicht als erstrebenswert hübsch sondern vielmehr als hässlich empfunden. Angestrebt wird eine alabasterweiße Hauttönung, idealer weise nicht gestört durch Sommersprossen. Hersteller von Sonnenbänken und Betreiber von Bräunungs-Studios können daher Taiwan ersatzlos aus ihren Business-Plänen streichen.

23.8.09

Wie ich in Taipei lebe

Ein paar Eindrücke aus meinem direkten Wohnumfeld in Taiwan. Die Wohnung befindet sich in einer Seitengasse neben der U-Bahn Station „Da Ping Lin“ (frei und wörtlich übersetzt „Grosse Quadratmeter Wald“, ein Wald – vor allem ein großer - steht hier aber schon seit Jahrzehnten nicht mehr). Von hier sind es 15 Minuten mit der Bahn zum Hauptbahnhof, was so etwas wie ein Zentrum Taipeis ist. Obwohl man hier ein Zentrum oder eine Innenstadt, wie man es aus europäischen Städten vielleicht gewohnt ist, nicht kennt.


Mein Zimmer

Mein Penthouse-Loft auf Studentenbuden-großen 15 qm (250,- € für zwei Monate) – so riesig, das es nur mit Mühe durch ein Weitwinkel-Objektiv auf ein Bild passt. Das Schaumstoff-Futon „Sultan“ habe ich vom örtlichen IKEA, wichtigstes Ausstattungsmerkmal ist die Klimaanlage welche den Raum auf Wunsch auf herrlich kühle 25 Grad Celsius herunterkühlt. Ohne geht’s gar nicht!

Taiwans Antwort auf die Erfindung des Stacheldrahtzauns

Sicherheit geht vor: Glasscherben sollen verhindern, das sich Unbefugte durch überspringen der zwei Meter hohen Mauer Zutritt zum Hinterhof verschaffen. Neben blutigen Händen würde ein potentieller Dieb dort auch nur Müll (hauptsächlich Beton und alte Sachen wie Kühlschränke die vor sich hinrosten) vorfinden.

Alle Türen werden in Taiwan durch von außen angebrachte Stahlgitter doppelt gesichert, letzteres gilt auch für alle Fenster. Um meine Wohnung zu betreten benötige ich ein sechs Schlüssel umfassendes Schlüsselbund: Zwei für die Stahltür und das Gitter zur Haupttür des Wohnblocks, zwei für das Stahlgitter und die Holztür zur Etage auf der ich wohne und zwei Schlüssel schließen das Stahlgitter und die Tür zur eigentlichen Wohnung auf. Mehr Sicherheit geht nicht, wer dieses einmal in Deutschland simulieren möchte: Einfach Scheiße bauen und in ein Gefängnis einliefern lassen - das spart außerdem hohe Reisekosten und die fällige Monatsmiete.


Straße zu meiner Bude

Die Straße, in der sich meine Wohnung befindet, ist eine verkehrsunberuhigte Einbahnstraße. Manche Verkehrsteilnehmer halten sich an die aufgetragene Fahrtrichtung, auch die anderen Verkehrs- und Straßenschilder werden von jedem Europäer verstanden.


Bach vor der Haustür

Direkt neben der Straße der Grund für ihre Einbahnbefahrbarkeit: Ein malerischer Bach, von mehr Brücken überspannt als es in ganz Venedig gibt und garantiert ohne irgend welch geartetes Zeichen von Leben: Keine Fische, keine Vögel, keine Pflanzen begrünen das betonierte Bachbett. Nach Regenfällen mutiert das kleine Rinnsaal binnen Minuten zu einem reißenden Strom.


Frischfleisch

Einen Schlachterladen gibt es hier nicht, dafür ein paar mobile Fleischerstände direkt an der Straße. Man kann dem Schlachter bei seiner Arbeit zuschauen und sich direkt die besten Stücke aussuchen.


Ölbohrung

Vor zwei Tagen haben Arbeiter in der Straße nebenan zufällig Öl gefunden und bohren nun nach der Quelle. Vermutlich handelt es sich bei den ersten Funden nur um ins den Boden gesickertes Altöl, welches hier immer direkt in den Bach verkappt wird. Es gibt wahrscheinlich gar keine natürlichen Vorkommen. Trotzdem wird fleißig weitergebohrt und gesucht.

19.8.09

Studieren und Straßenverkehr

Lernen popernen – Fleißige Chinesen im Lesesaal


Einer meiner Ziele während meines Aufenthalts hier ist das Lernen der chinesischen Sprache (Mandarin, also hochchinesisch, um genauer zu sein). Eine gute Umgebung hierfür ist der Lesesaal der Nationalbibliothek. Er bietet große Tische, gute Stühle und ist vor allem klimatisiert. Zusätzlich ist er prall gefüllt mit anderen Studenten die auch fleißig Bücher wälzen. In einer solchen Umgebung habe ich keine Ablenkung jedweder Art zu fürchten und kann mich gut auf das angepeilte Lernpensum konzentrieren.

Das fotografieren in der Bibliothek ist leider verboten, weshalb folgende textuelle Beschreibung ausreichen muss. 90 % der Lernenden (weiblich und männlichen Geschlechts) trägt seltsamer weise eine Brille, bevorzugt Modelle mit dickem schwarzem Plastiksteg, Rand und Bügel. Von der Seite sehen sie aus wie Sonnenbrillen, aber die braucht man drinnen als Bibliotheksstubenhocker natürlich nicht wirklich.

Auch auf einem abendlichen öffentlichen Konzert einer Abschlussklasse eines lokalen Colleges, vergleichbar der Abgangsklasse eines Abitur-Jahrgangs, im Daan Park tragen alle Schüler eine ähnliche Brille. Nur der aus Japan angereiste Dirigent ist brillenlos. Brillenträger sind hier offensichtlich alle Bücherwürmer. Mao Zedong lag also goldrichtig, als er alle Brillenträger unter den Generalverdacht des Intellektuellentums stellte um derartige Elemente zu entfernen.

Abgenommen wird die Brille im Lesesaal nur zum schlafen. Oder, besser gesagt, um ein Nickerchen zu machen. Das gehört hier ganz natürlich zum Lernprozess dazu: Erst wird eine halbe Stunde gebüffelt das die Schwarte kracht, dann kurz im sitzen für ein paar Minuten am Tisch gepennt, darauf geht das Spiel wieder von vorne los.

Angeblich ist hier in Taiwan das schlafen sogar am Arbeitsplatz üblich. Als Arbeitgeber westlicher Prägung mag man denken, „Ich bezahle euch doch nicht fürs Schlafen!“, doch hier wird in regelmäßigen Abständen, dem eigenen Körperempfinden gehorchend, eine kurze Schlafpause eingelegt.Von den Profis lernend habe ich mir jetzt abgeschaut und tue es ihnen gleich: Erst die Sonnenbrille absetzen, dann den Kopf in den Armbeugen versenken und ein paar Minuten pennen. Am Feintuning muß ich noch ein wenig schrauben, auf Anhieb verschlafe ich so eine volle Stunde. Das ich danach wieder sie Sonnenbrille aufsetze und weiterlerne sieht zwar extrem albern aus, aber eine andere Option sehe ich als nicht-brillenträger nicht.

Irrer Verkehr


Platzsparendes Fortbewegungsmittel Nr. 1: Der Motorroller, zu 99.9 Prozent aus japanischer Produktion passen bis zu vier Verkehrsteilnehmer auf ein solches Gefährt. Normale Besatzung als Familienkutsche: Zwei Kinder stehend zwischen Sitz und Lenkrad, Vatti vorne auf der Bank, an seinen Rücken gelehnt schmiegt sich Mutti an

In Taiwan wird wie bei uns auf der rechten Seite gefahren und es gelten generell die gleichen Verkehrsregeln wie aus Deutschland bekannt. Am Straßenverkehr möchte ich aber trotzdem nicht teilnehmen, was nicht nur an fehlenden formalen Kriterien wie meinem nicht-internationalisierten Führerschein liegt (in dem auf dem 18 Jahre alten Passfoto zu meiner Überraschung ein fetter „Hello Kitty“ Aufkleber prangt – keine Ahnung wann und wie der dahin gelangt ist, aber ob mit oder ohne diesem Aufkleber bin ich sowieso nicht anhand des Bildes identifizierbar).

Viel mehr Angst machen mir die vielen Motorroller (man sagt hier „Scooter“ oder auf chinesisch „Moto che“ dazu), deren Verhalten im Straßenverkehr mir unerschließbar chaotisch vorkommt Vom Taxi oder einem Bus aus betrachtet umkreisen sie jedes Fahrzeug mit vier Rädern im fließenden Verkehr von allen Seiten: Auf Umlaufbahnen denen von Neutronen um ihren Atomkern gleich sind sie mal links, mal rechts, mal hinten und mal vor einem Fahrzeug. Mit Gewissheit kann man nur sagen, das sie einem Fahrzeugführer nie in Geisterfahrermanier entgegen kommen.

Schaltet eine Ampel auf Rot und kommt der natürliche Verkehrsfluss zum erliegen so fliessen sie Wassergleich nach vorne und halten in tief gestaffelten 10er Reihen direkt unter der Ampel. Grün ist immer dann, wenn eine Rollerarmada den sich hinter ihr aufstauenden Verkehr anführend die Kreuzung überquerend ins Getümmel stürzt. Das ist auch ein guter Zeitpunkt für Fußgänger, nicht nur der Ampelanlage beim überqueren der Straße zu vertrauen und vor betreten derselben einen prüfenden Schulterblick nach links und rechts zu wagen.

Dieser scheinbar nur wenigen Regeln gehorchende Verkehrsfluss kann man nur als ein dynamisches, sich selbst reuglierendes System begreifen und es ist ersteunlich, das es zu so gut wie keinen kleineren oder größeren Unfällen kommt. Auf den entlegenen Inseln werde ich mir demnächst selber mal einen Roller mieten, hie im Stadtverkehr beschränke ich mich auf eine Verkehrsteilnahme als Fußgänger. Fahrräder sind hier im Neupreis mit um die 100,- € zwar lachhaft günstig, aus oben genannten Gründe verzichte ich aber auch hier lieber gleich.

18.8.09

Freischwimmer: Taiwanesen und das Wasser

Der „Lonely Planet“ weiß zu berichten, das Taiwanesen in der Regel Nichtschwimmer und in seltenen Fällen miserable Schwimmer sind. Trotz der Insellage und dem Faible für Fische und Meeresfrüchte auf der Speisekarte hat sich die Idee der Bewegung eines Menschen im Wasser ohne technische Hilfsmittel wie Boote etc. hier anscheinend nie richtig durchsetzen können.

Weshalb es auch nur wenige Schwimmstrände gibt. Meistens Bereiche, in denen man knietief im Wasser steht. Das ist dann aber auch oft schon das höchste der Gefühle, mehr planschen als schwimmen. Laut Reiseführer springen Taiwanesen immer dann ins Wasser, wenn sie dort andere Menschen sehen: ungeachtet ihres eigenen Schwimmvermögens denken sie dann, so Lonely Planet, das es hier sicher sei, denn die anderen gehen ja auch nicht unter.

Ob das eine unzulässige Übertreibung ist weiß ich nicht. Es scheint aber doch ein Stück weit zu stimmen. In einem beliebten Reisesendung im lokalen Fernsehprogramm gab es neulich einen Bericht über die „Grüne Insel“ - einstmals Gefängnis und Folterstube des Regimes eine Bootstunde südöstlich vor Taiwan ist diese Insel heute ein beliebtes Ausflugsziel. Besonders beliebt: Schnorcheln im Korallenriff, keine 30 Meter vor der Küste dieser Insel. Problem: Man benötigt rudimentäre Schwimmkenntnisse. Die Hälfte der im Film porträtierten Reisegruppe war trotzdem, neben Neoprenanzug, Flossen, Taucherbrille und Schnorchel mit ein bis zwei Rettungsringen ausgestattet.

Chi Hsuen bestätigte mir, das es der volle Ernst sei und die jetzt tatsächlich Schnorcheln, obwohl sie nicht schwimmen können („Die Reiseveranstalter der Schnorcheltouren werben sogar damit, das es keiner Schwimmkenntnisse bedarf!“). Und wirklich: Ein Rettungsring um die Hüften, den zweiten fest in den Händen paddelten sie das Gesicht nach unten durch das Wasser. Ein Hund im Wasser bewegt sich eleganter und würdevoller. Seltsamer weise scheint es auf dieser Insel keine Schwimmschule zu geben – eine Marktlücke welche die vielen Tauchschulen vor Ort vielleicht einmal besetzen sollten.

Inzwischen habe ich einen Trip auf diese Insel planen können. Das ist wegen den Taifunschäden nicht so einfach gewesen, aber in drei Wochen werde ich mir vor Ort selber ein Bild machen können. Ob das Fernsehen in diesem Fall lügt wird sich dann zeigen.

Lin Tian Zheng, der Held von Yehliu

Vielleicht illustriert auch die Geschichte von Lin Tian Zheng das Schwimmvermögen der Taiwanesen. An der Nordküste wird er wie ein Held verehrt und ihm zu Ehren ist sogar eine Bronzeplastik aufgestellt worden. Am 18.3.1964 fiel ein Student dort beim fotografieren ins Wasser und drohte zu ertrinken. Herr Lin, von Beruf Fischer, der gerade in der Nähe seinen Tagesfang verticken wollte, sah dieses und sprang beherzt hinterher um den Ertrinkenden zu retten. Eine lobenswerte Tat die zu Recht mit einem Denkmal gewürdigt wird.

Dumm war nur, das Herr Lin nicht schwimmen konnte. Also ertranken an dieser Stelle beide. Heute erinnern neben der Statue aufgestellte Rettungsringe an den selbstlosen Einsatz Lin Tian Zhengs. Und letztere sind vermutlich zukünftig besser geeignet, das sich diese Geschichte dort nicht wiederholt.

14.8.09

Taiwan - Shocked By The Thermik

Wetter: Taifun und Regenzeit

Jeder ordentliche Reisebericht und jede Postkarte beginnt natürlich mit dem Wetter. Denn Wetter ist bekanntlich immer, und jeder hat eine Meinung dazu. Derzeit ist Hochsommer und damit Regenzeit. Vom Pazifik kommend wandern zu dieser Jahreszeit tropische Wirbelstürme, Taifune genannt, nach Osten in Richtung China. Auf ihren halbkreisförmigen Bahnen streifen sie fast immer Japan und Taiwan, je nach Radius auch die chinesische Küste oder sogar das Hinterland.

Während bei uns Hoch- und Tiefdruckgebiete alternierend einen Frauen- oder Männernamen verpasst bekommen, so denken sich auch die asiatischen Wetterkundler Namen für jeden Taifun aus. Der welcher letzte Woche Freitag über Taiwan gebraust ist heißt „Morakot“. Welche Sprache das ist, weiß ich nicht so genau. Bei mir weckt dieser Name jedenfalls biblische Assoziationen, vielleicht ist es tatsächlich hebräisch?

Biblisch würde jedenfalls passen, denn seitdem geistern Bilder apokalyptischen Ausmaßes durch alle Medien. Der Sturm selber war in Taiwan nicht so schlimm - es gab einen Tag schulfrei (Taifun-Holiday), das ist so etwas wie bei uns Hitzefrei, beschränkt sich aber nicht nur auf die Schule sondern gilt auch auf für Arbeitnehmer die an einem solchen Tag zu Hause bleiben dürfen.
Dramatisch hingegen waren bei Morakot die unwahrscheinlich großen Regenmengen die er im Schlepptau hatte.

Diese haben alles unter Wasser gesetzt, Bäche mutierten über Nacht zu reißenden Tsunamis und Erdrutsche begraben alles, was nicht bei drei auf dem Baum ist. Gegen die Bilder, die hier derzeit die Medien dominieren, war das Elbhochwasser 2002 ein Kindergeburtstag.

Die Wassermassen haben im Süden und Osten der Insel so ziemlich jede Brücke oder Strasse unterhöhlt und zum Einsturz gebracht. Komplette Häuser schwimmen wie eine Arche Noah durch die Flüsse. In zwei Fällen wurden komplette Dörfer verschüttet (ok, das ist eine Übertreibung – von den 327 Häusern des Dorfes blieben ganze zwei stehen). Ganze Landstriche sind von der Außenwelt abgeschlossen und müssen aus der Luft vom Militär per Hubschrauber versorgt werden. Mindestens 250 offizielle Tote gibt es bisher, die Vermissten sind ungezählt und am Ende werden wohl bis zu tausend Opfer zu beklagen sein.

Ironie des Schicksals: Noch vor kurzem wurde die sommerliche Wasserknappheit beklagt und über eine Rationierung des Wasserverbrauchs für die Landwirtschaft nachgedacht. Bei den übervollen Stauseen ist das jetzt natürlich kein Thema mehr. Vielmehr kursiert die Angst, das einige Dämme brechen könnten. Für meine weitere Reise werde ich mich auf den vom Taifun nicht betroffenen Norden beschränken müssen. Mindestens so lange, bis die Straßen wieder repariert oder passierbar sind.

Nass ist es hier während der Regenzeit aber auch im Norden Taiwans. Mindestens einmal pro Tag und nicht unter drei Stunden dauert ein solche Schauer hier. Der Regen ist laut wie ein großer Wasserfall und übertönt mühelos den nicht gerade leisen Verkehr. Das Wasser steht knöchelhoch in den Straßen und Schirme schützen bestenfalls für kurze Zeit die Frisur.


Einrichten: Shoppen bei IKEA

Lost in Translation: die Bude, die ich für 250 € pro 2 Monate gemietet habe ist keine 30, sondern 13 qm groß. Klein aber sehr sauber, inklusive Fernseher mit englisch-sprachigen Programmen, Internetanschluss ohne IP Adresse („Mei you IP“ - verstehe ich zwar, eine Lösung für das Problem hat die Vermieterin aber auch nicht zur Hand, später kriege ich das technische Problem in den Griff indem ich kurzerhand den DSL-Router neu boote).

Am wichtigsten bei dem Wetter (siehe oben) sind aber: eine (gut funktionierende) Klimaanlage, eine eigene Dusche und eine Waschmaschine. Auch wenn man jedes mal einen Schock bekommt wenn man die schützende Wohnung verlässt. Pro Tag gehen mindestens zwei T-Shirts durch und muss die Dusche zwei Mal genutzt werden, darunter geht es nicht.

Sehr spartanisch ist das Bett. Einfach ein Holzbrett, ohne Matratze. Die hat Chi Hsuen auch nicht besorgt weil sie denkt, das man die nicht braucht. Ich probiere es nach dem Flieger aus und erhole mich etwas vom Jetlag. Dann sind nach ein paar Stunden Schlaf auf einem kieferfurnierten Holzbrett doch die Knochen etwas stark belastet. Ich kann ja wenn ich müde bin auf allen möglichen Unterlagen pennen - auf der Erde, auf Bänken, alles kein Problem – aber hier brauche ich für die nächsten Monate eine tragfähigere Lösung. Sie heißt „Sultan“ und ist ein aufrollbares Schaumstoff-Futon von IKEA für 25 €. Darauf schläft man tatsächlich sehr königlich.

Nachdem ich es mir heimelich gemacht habe schaut doch noch einmal die Vermieterin auf einer Art Kontrollbesuch vorbei. Ich scheine diese Prüfung zu bestehen, singe eben noch ein paar Takte aus dem Lied „Ni shou shenme“ (das kennt hier jeder, eine zuckersüße 70er Schnulze in der sich die Sängerin wortreich darüber beklagt, dass sich ihr Geliebter nicht mehr bei ihr meldet) im Duett mit ihr.


Sport im Sprawl


35 Grad schon morgends um 9:00 Uhr, sehr hohe Luftfeuchtigkeit. Ich will einfach einsteigen und laufe zum eingewöhnen erst einmal eine halbe Stunde. Fühlt sich nicht gut an, vielleicht habe ich noch den Jet Lag in den Knochen oder sollte nicht mit nüchternem Magen laufen

Normalerweise bin ich nach dem laufen Fit und könnte Bäume ausreissen. Heute bin ich schlapp wie ein Ball aus dem die Luft gelassen wurde und kotze nach dem Lauf schleimigen Mageninhalt auf den Boden. Nach 10 Minuten Ruhe im Schatten ist mir auch nicht mehr schwarz vor den Augen. Ich werde es etwas ruhiger angehen und vielleicht erst einmal etwas wandern statt gleich in die Vollen zu gehen. Die Luft ist auch echt zum kotzen (das ist wortwörtlich gemeint) und unglaublich schlecht, ich sollte einen der größeren Parks und zu einer anderen Tageszeit – vielleicht früher oder spät am Abend – Sport treiben.

Vielleicht sollte ich zum laufen den nächstgelegenen Friedhof ausprobieren. Er ist um eine kleine Hügelgruppe gebaut, von dort hat man außerdem einen schönen Blick auf die Stadt Taipei. Dort zu wandern oder spazieren zu gehen würde einem Chinesen niemals in den Sinn kommen, auf solch eine Schnapsidee kann nur ein Europäer kommen.

Friedhöfe werden hier als Wohnstädte der Geister der Verflossenen angesehen. Der einzige Grund sie zu betreten ist die Ehrung der Gestorbenen an ihren Grabstädten, man bringt ihnen Rauchopfer in Form abgebrannter Räucherstäbchen und betet für sie. Ansonsten verlässt man das Areal des Friedhofs und bleibt nicht länger als für eine solche Prozedur eben nötig.

Grabpflege ist daher auch ein Fremdwort, die Friedhöfe wirken eher wie vom Dschungel überwachsene verlassene Städte. Das Gras steht kniehoch um die Grabsteine. Ganz anders als bei uns, wo Friedhöfe nebenbei einen parkähnlichen Charakter haben und auch zur Erholung aufgesucht werden. Chinesen sind sehr geschockt, wenn sie auf Deutschlandreise wie selbstverständlich zu grossen Friedhöfen geschickt werden - Geister und ihre Heimstadt sollte man in Ruhe lassen!


German Gemütlichkeit at „Zum Fass“


Mit diesem eingängigen Slogan buhlt die laut Eigenwerbung einzige deutsche Kneipe Taipeis erfolgreich seit 1975 um taiwanesische Kundschaft. Ab und zu verirren sich auch Landsleute, die sich längere Zeit hier im Auslandseinsatz aufhalten, und deutsche Touristen wie ich in dieses Schankwirtschaft.

Das dargebotene Deutschlandbild lehnt sich an die bekannten von den USA in die Welt gesetzten Stereotype an: Deutschland gleich Bayern, rustikale Gemütlichkeit bei Schweinshaxe und Bier. Das Personal hat über „Bitte“ und „Danke“ hinausgehende szenetypische Phrasen wie „Wohl bekomms!“ und „Prost!“ im Repertoire.

An dem Restaurant selbst gibt es nichts auszusetzen, es wirkt sehr authentisch und könnte so 1:1 auch in einer süddeutschen Stadt wie München stehen. Alles andere als ein künstlich zusammengeklaubtes Disney-Abziehbild des Hofbräuhauses. Die Atmosphäre ist derart authentisch das mir gar nicht das im Hintergrund laufende Radioprogramm von Bayern 3, das neben Staumeldungen aus dem Großraum München die Ergebnisse des letzten Spieltags der Bundesliga aus bayrischer Sicht diskutiert. Erst als mich Chi Hsuen darauf aufmerksam macht fällt mir auf, das ein solches Programm hier in Taipei üblicher weise wohl nicht in einer Kneipe gespielt wird. Und das ich ja gar nicht mehr in Deutschland bin.

Einziger Wermutstropfen: Es gibt kein gutes Bier. Kein Pils, kein Astra, kein Becks. Auf der Suche nach gutem Bier bin ich also noch nicht fündig geworden. Stattdessen steht die gesamte bayrische Bierpalette vom Weißbier bis zum Weizenbier aus dem Hause Erdinger auf der Getränkekarte. Warum kann man nicht mal ein paar Steuergrossen investieren und den Bayern beibringen, wie man ein richtiges Bier braut? Am Ende denkt die ganze Welt noch, das wir Deutschen dieses süße, cola-gleich klebrige Weizenbier-Zeug gerne trinken und, schlimmer noch, das das Bier sei! Das ist doch mal eine sinnvolle Entwicklungshilfe, zu Beginn könnte man Erdinger und Co einfach verstaatlichen und einfach dicht machen. Es wird mir ewig ein Rätsel bleiben, warum bei dem vielen leckeren Bier, das in Deutschland gebraut wird, solch ein Dreck produziert werden und sich Bier nennen darf.


„Spaß beiseite“ - Die chinesische Perspektive auf Deutschland


Wenn es draußen regnet oder zu heiß ist, dann verzieht man sich am Besten in einen der vielen vollklimatisierten Einkaufstempel Taipeis. Diese gibt es für alle Arten von Produkten, hauptsächlich techniklastige Geschäfte vom Schlage eines Saturn oder Media-Markts. Mein absoluter Favorit hier ist der eslite Shop: Bücher, Musik; Andenken und Designkrempel auf vier Etagen inkl.einer Fressmeile im Keller.

Beim Stöbern stoße ich dort auf ein Buch mit dem Text „Spaß beiseite“ neben vieler für mich nicht verständlicher chinesischer Schriftzeichen auf dem Titel. Es entpuppt sich beim durchblättern als ein sehr aktuelles Faktenbuch das dem geneigten Leser die wichtigsten Aspekte zeitgenössischer deutscher Kultur beibringen und ihn so auf einen möglichen Kulturschock im Falle einer Deutschlandreise möglichst schonend vorbereiten soll.

Im Untertitel wird (auf Chinesisch) der Anspruch „Das einzige Buch das sie brauchen um Deutschland zu verstehen“ formuliert. Damit ist die Messlatte sehr hoch gelegt, ich werde neugierig und habe automatisch ein schönes Geschenk für Chi Hsuen - deren Hilfe ich für das Verständnis des Inhalts benötigen werde, denn nur ab und zu stehen für mich verständliche deutsche Namen und Wörter im Text.

Das die Autorin eine intime Kennerin der Materie ist und mit einem mir spontan sympathischen Humor zur Sache geht erschließt sich schon zu Beginn: Auf einer Karte sind alle 17 Bundesländer und ihre Hauptstädte aufgelistet. Inklusive Mallorca. Praktischen Wert dürfte für den Leser auch die Übersetzung wichtiger Phrasen wie „Öffnen der Ware verpflichtet zum Kauf!“, „Draußen gibt’s nur Kännchen“ oder „Im Stehen pinkeln verboten“ haben.

Auch ich lerne neues über meine Heimat: Auf der Liste der 50 erfolgreichsten deutschen Filme gemessen an der Zuschauerzahl befindet sich auf Platz vier „Schulmädchenreport – Was Eltern nicht für möglich halten“ - direkt hinter Herbigs Winnetou und StarTrek Persiflagen und „Otto – der Film“. Der zweite Schulmädchenreport schafft es immerhin noch in die Top 20, der analog aufgebaute Ruhrgebiets-Softporno „Lass jucken, Kumpel!“ behauptet sich in der Top 30.

Außerdem lerne ich, wie man „Reeperbahn“ und „FC St.Pauli“ auf Chinesisch übersetzt. Vielleicht lasse ich mit letzterem Ausdruck die Rückseite meines Pauli-Trikot beflocken? Da Fußball hier nicht König ist und ich mir daher als Souvenir kein Trikot einer taiwanesischen Mannschaft mitbringen kann ist das vielleicht ein passender Ersatz.