18.8.09

Freischwimmer: Taiwanesen und das Wasser

Der „Lonely Planet“ weiß zu berichten, das Taiwanesen in der Regel Nichtschwimmer und in seltenen Fällen miserable Schwimmer sind. Trotz der Insellage und dem Faible für Fische und Meeresfrüchte auf der Speisekarte hat sich die Idee der Bewegung eines Menschen im Wasser ohne technische Hilfsmittel wie Boote etc. hier anscheinend nie richtig durchsetzen können.

Weshalb es auch nur wenige Schwimmstrände gibt. Meistens Bereiche, in denen man knietief im Wasser steht. Das ist dann aber auch oft schon das höchste der Gefühle, mehr planschen als schwimmen. Laut Reiseführer springen Taiwanesen immer dann ins Wasser, wenn sie dort andere Menschen sehen: ungeachtet ihres eigenen Schwimmvermögens denken sie dann, so Lonely Planet, das es hier sicher sei, denn die anderen gehen ja auch nicht unter.

Ob das eine unzulässige Übertreibung ist weiß ich nicht. Es scheint aber doch ein Stück weit zu stimmen. In einem beliebten Reisesendung im lokalen Fernsehprogramm gab es neulich einen Bericht über die „Grüne Insel“ - einstmals Gefängnis und Folterstube des Regimes eine Bootstunde südöstlich vor Taiwan ist diese Insel heute ein beliebtes Ausflugsziel. Besonders beliebt: Schnorcheln im Korallenriff, keine 30 Meter vor der Küste dieser Insel. Problem: Man benötigt rudimentäre Schwimmkenntnisse. Die Hälfte der im Film porträtierten Reisegruppe war trotzdem, neben Neoprenanzug, Flossen, Taucherbrille und Schnorchel mit ein bis zwei Rettungsringen ausgestattet.

Chi Hsuen bestätigte mir, das es der volle Ernst sei und die jetzt tatsächlich Schnorcheln, obwohl sie nicht schwimmen können („Die Reiseveranstalter der Schnorcheltouren werben sogar damit, das es keiner Schwimmkenntnisse bedarf!“). Und wirklich: Ein Rettungsring um die Hüften, den zweiten fest in den Händen paddelten sie das Gesicht nach unten durch das Wasser. Ein Hund im Wasser bewegt sich eleganter und würdevoller. Seltsamer weise scheint es auf dieser Insel keine Schwimmschule zu geben – eine Marktlücke welche die vielen Tauchschulen vor Ort vielleicht einmal besetzen sollten.

Inzwischen habe ich einen Trip auf diese Insel planen können. Das ist wegen den Taifunschäden nicht so einfach gewesen, aber in drei Wochen werde ich mir vor Ort selber ein Bild machen können. Ob das Fernsehen in diesem Fall lügt wird sich dann zeigen.

Lin Tian Zheng, der Held von Yehliu

Vielleicht illustriert auch die Geschichte von Lin Tian Zheng das Schwimmvermögen der Taiwanesen. An der Nordküste wird er wie ein Held verehrt und ihm zu Ehren ist sogar eine Bronzeplastik aufgestellt worden. Am 18.3.1964 fiel ein Student dort beim fotografieren ins Wasser und drohte zu ertrinken. Herr Lin, von Beruf Fischer, der gerade in der Nähe seinen Tagesfang verticken wollte, sah dieses und sprang beherzt hinterher um den Ertrinkenden zu retten. Eine lobenswerte Tat die zu Recht mit einem Denkmal gewürdigt wird.

Dumm war nur, das Herr Lin nicht schwimmen konnte. Also ertranken an dieser Stelle beide. Heute erinnern neben der Statue aufgestellte Rettungsringe an den selbstlosen Einsatz Lin Tian Zhengs. Und letztere sind vermutlich zukünftig besser geeignet, das sich diese Geschichte dort nicht wiederholt.

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