4.11.04

Markus Altekrueger: Piesepampige Humpelsimulanten raus!

Guten Abend allerseits aus Vietnam. Hier Neues von der Front.

CHINA: GUILIN (22.-25.10.)

Wir haben den ersten echten Freund in China: Sein Name ist Mike und er meint es wirklich gut mit uns. Als wir morgens um 6 am Bahnhof ankommen, bequatscht er uns und bietet uns alles Moegliche an. Wir reiszen uns los, springen ins Taxi und lassen uns zum Hostel fahren.
Den sind wir los.
Von wegen!
Er verfolgt uns in bester Krimi-Manier in einem weiteren Taxi und faengt uns vor dem Hostel ab, welches leider dicht ist. So kommen Mike und wir ins Geschaeft. Er besorgt uns ein Hotel, bietet uns Touren in die Umgebung an und kann uns vom Fahrrad bis zur Melkmaschine alles besorgen. Genervt scheuchen wir ihn spaeter aus dem Hotel und legen uns erstmal hin.
Den sind wir endlich los.
Von wegen!
Wenig spaeter klingelt das Telefon; es ist Mike, unser alter Kumpel, der computerbasiert ein persoenlich auf uns zugeschnittenes Freizeitprogramm entworfen hat. Auflegen, weiterschlafen in der Hoffnung,
den sind wir los.
Von wegen!
Beim Verlassen des Hotels sitzt er in der Lobby, aber wir schuetteln ihn ab.
Den sind wir hoffentlich los.
Von wegen!
Bei Rueckkehr zum Hotel treffen wir ihn wieder und schaffen es, ihn aus dem Aufzug zu draengen.
Den sind wir zumindest fuer heute los.
Von wegen!
Als wir im 5. Stock ankommen, steht er schon im Flur, zwar etwas auszer Atem aber wie gewohnt freundlich und hilfsbereit. Fliehen koennen wir diesmal nicht, da er vorausschauend die Fluchtwege und Notausgaenge des Flurs mit Vorhaengeschloessern hat sichern lassen.

Am naechsten Abend kommen wir ins Hotel zurueck und er ist tatsaechlich nicht da!
Den sind wir endgueltig los.
Von wegen!
Wenig spaeter klopft das Zimmermaedchen an und ueberreicht uns 2 Nachrichten auf abstoszendem Diddl-Briefpapier. Mickey aus Guilin stellt sich vor. Offenbar hat Mike in hoechsten Toenen von uns geschwaermt, denn Mickey ist eine Freundin von ihm. Einleitend mit "Dear Doelfer" listet sie u.a. ihre Lieblingsbands auf (Aqua, Backstreet Boys, NSYNC, Britney Spears ...) und laeszt nicht unerwaehnt, dasz sie nach eigener Einschaetzung ein "super sexy chinese cowgirl" sei. Wer schreibt denn sowas von sich im ersten Brief?
Den ganzen Nachmittag haette sie auf uns gewartet und erwartet nun, dasz wir uns melden. Warum sie einen weiteren, nahezu identischen Brief ohne Adressaten dazu legt, verstehen wir nicht. Wir verstehen ueberhaupt die Absicht dieser Schreiben nicht und werfen beide in den Papierkorb.

Als wir Guilin verlassen sind wir Mike los.
Endlich!


Das persoenliche Vorstellen mittels eines Schreibens wie bei Mickey ist in China sehr beliebt. Wir besuchen den Zoo in Guilin und vor dem Gehege steht ein Schild, auf dem sich der Pandabaer des Zoos vorstellt: "Hello, my name is Mai Lai and my international number is 217.". Interessantes aus dieser exotischen Tierwelt aus erster Hand.

Wie die piesepampige Pandabaerin sind auch die anderen Kreatuen des Zoos in einem bemitleidenswerten Zustand. Der Tiger ist dick und fett und schlaengelt seine 3,5 Meter Koerperlaenge in einem kreisrunden Kaefig von ca. 3 Metern Durchmesser hin und her. Weil das Vieh so stinkefaul ist, kann man sogar den Arm eines chinesichen Kindes in den Kaefig reinhalten, der Tiger beiszt nicht zu. Arbeitsverweigerung!
Das China-Krokodil, angeblich das letzte seiner Art in China und somit genau genommen auf der ganzen Welt, liegt traege in einer 30 cm tiefen Betonwanne mit 1x1 Metern Seitenlaenge und macht mit seinem schuppigen Koerper auch noch die scharfen Kanten des Beckens kaputt. Ist das der Dank?!
Unsere gefiederten Freunde leben dagegen in einer sehr groszzuegigen Voliere. Man kann am Eingang Tueten mit Vogelfutter kaufen. Zum Voegel fuettern. Ein wenig verwundert, warum der Boden trotz der Trockenheit so nass ist, streut man das Futter auf den Gehweg und das Federvieh kommt, um es aufzupicken. Spaeter sieht man, dasz die Wege in der Voliere opulent mit Pestiziden eingesprueht werden, damit kein Unkraut waechst. Das erklaert, warum die Voegel Minuten nach der Fuetterung wie die Fliegen umfallen.
Weitere Erkenntnis: Krabben kauen in Gefangenschaft an den Fingernaegeln.
Gut geht's nur den Schweinen, die offenbar hohes Ansehen genieszen: Sie werden durch die Straszen getragen und - an den Fueszen aufgehaengt - quieken sie vor Freude.

Trotzdem ist diese Anlage ein Ausghaengeschild der chinesischen Tourismusindustrie. Mehrmals hat Deng Xiaoping diese Sehenswuerdigkeiten bestaunt, Bill Clinton hat hier 1997 eine Rede zum Thema Umweltschutz gehalten und auch so prominente Weltpolitiker wie Johannis Lau und Richard Nickson haben dieser ISO 9001 / 14001-zertifizierten Anlage ihre Aufwartung gemacht.

Seit Guilin weisz ich, woher der Begriff "Drogenhoehle" stammt. Die Gegend hier ist gespickt mit Zuckerhueten a la Rio und in diesen Huegeln haben es sich viele Hoehlen bequem gemacht. Wie man's aus dem Sauerland kennt, wachsen darin Stalaktiten und Stalakmiten und hinterlassen im Laufe der Jahrhunderte bizarre Formen. In der "Roten Floetenhoehle" im "Huegel des gefalteten Brokats" erlaeutert uns der Fuehrer einige Tropfsteingebilde: "Sie sehen hier den Loewen, wie er am Eingang eines Waldes um Gaben bittet; hier sehen sie den Groszvater, der einen Speer nach dem Affen dort drueben wirft; hier sehen sie die Skyline von Hong Kong, dort die Freiheitsstatue in New York; dieser Drache schleudert ein blutbekleckstes Tuch ueber die Ufer des Flusses; hier kommt der Elefant zur Traenke ..." Mal echt, wieviel Drogen muss man eigentlich nehmen, bis man solche Hoehlen-Hallus bekommt?


FLUSSFAHRT VON GUILIN NACH YANGSHUO (24.10.)

Wie schon bei der Jangtse-Tour legen wir bei der Buchung Wert darauf, auf ein Boot mit rein chinesischen Gaesten zu kommen. Kostet eben nur die Haelfte. Dafuer muss man in Kauf nehmen, dasz nicht alles so durchorganisiert ist wie bei den Passagen fuer die westlichen Touristen. So werde ich Zeuge eines Streits zwischen Kapitaen und Bootsmann, wer denn nun Ruder gehen darf; und das, wo wir schon mehrmals Grundberuehrung hatten. Der Kapitaen lenkt ein, macht eine Pause und verscheucht 10 Minuten spaeter bier- und zigarettengestaerkt den Bootsmann wieder.
Wie ueblich sind bei unserem Erscheinen nicht die Naturschauspiele oder unbeschreiblich schoenen Landschaften die Attraktion sondern wir. So stehen wir an Oberdeck, genieszen den Ausblick und warten nur darauf, dasz sich der erste Chinese traut, uns um ein Foto mit ihm zu bitten. Nach kurzer Zeit ist es soweit, der Damm ist gebrochen und nahezu alle lassen sich mit uns im Arm im Akkord ablichten. Da soll noch ein Oekonom behaupten, Flieszbandarbeit von Deutschen sei im globalen Vergleich nicht mehr wettbewerbsfaehig.
Wenn wir richtig gerechnet haben, werden unsere Konterfeie demnaechst in ca. 1 Prozent aller chinesischen Haushalte auf der Anrichte stehen, alternativ im Portemonnaie zu finden sein oder auf dem Schreibtisch im Buero neben dem Bild der Frau und der Kinder.


YANGSHUO (25.-27.10.)

Was hier an Touris rumschwirrt sprengt unsere Vorstellungskraft. Wir sind tatsaechlich im Queenstown von China gelandet und wohnen in der Schinkenstrasze, die hier “Western Street” heiszt. Es klebt Bar an Bar und nur wenige weichen musikalisch vom weichgespuelten Karaoke-Gedudel ab. Trotzdem schaffen es die thailaendischen Coverbands, bei der seichtesten Mucke die Gitarrensaiten zum reiszen zu bringen. Erschuetternd. Also ab in die Disco “Kiss Bar”. Klingt wenig vielversprechend und erweist sich auch so. Die Taenzer und Taenzerinnen, die bei unserem Eintreffen noch auf einem Laufsteg in den schmerzhaftesten Formen ihre Koerper wanden, verlassen zuegig das Etablissement und werden wenig spaeter sogar vom DJ gefolgt, der die schlechte Musik selbst nicht mehr aushaelt. Wir lassen uns nicht beirren, ordern einen Satz Wuerfel und spielen Kniffel.
Unser Zimmer teilen wir mit dem End-Dreisziger-Psychopathen Philip. Er hat sein Haus in Singapur verkauft und ist nun gezwungen, 2 Jahre auszerhalb seiner Landes zu verbringen (musz mit der Besteuerung zusammen haengen oder was anderem, hab ich nicht kapiert). Davon hat er 8 Monate in China rumgehangen und ueberlegt sich nun, was mit ihm in den verbleibenden 16 Monaten passiert. So ein Quatsch.

Im Hotel mieten wir Fahrraeder. In den anderen Staedten erhielten wir stets abgewrackte Karren, mit denen die Faulsten der Faulen noch Maos “Langen MARSCH” bestritten haben; hier gibt es Mountainbikes, mit denen wir eine wirklich fantastisch schoene Gegend erkunden duerfen. An den Gestaden des Li-Flusses liegen platt die gruen-gelben Reisfelder und werden von den bekannten Zuckerhuthuegelketten (s. Guilin) eingerahmt. Hier finden wir das typische chinesische Landleben vor: die Oma kuemmert sich um den Saeugling, der Sohn betreut das Rind, der Opa hakt den Reis nach dem Dreschen, der Rest der Familie buckelt im Feld. Auf dem Rueckweg sehen wir ein Fahrrad mit 4 Fahrraedern auf dem Gepaecktraeger.


GELDWECHSEL CHINA-VIETNAM (28.10.)

Da wir China verlassen wird es Zeit, die chinesischen Mao-Dollar in US-Dollar oder vietnamesiche Ding-Dong zu wechseln. In Yangshuo hatte ich mir noch 250 EUR in Yuan am Automaten gezogen, ne Menge Holz in dieser Gegend.

Mein erster Versuch ist in Guilin nachdem wir mit dem Bus aus Yangshuo zum Umsteigen kommen.
Ich halte ein Moped an und lasse mich zur Agricultural Bank of China fahren. Die schicken mich postwendend zur Bank of China.

Also halte ich ein Moped an und lasse mich zur Bank of China fahren. Die erzaehlen mir: "Geldwechsel in US-Dollar macht nur die Bank of China in Yangshuo." Na toll, da kommen wir gerade her ...

Keine Chance also in Guilin.

Abends kommen wir in Dongxing auf der chinesischen Seite der Grenze an. Grosze Stadt, hier musz doch was gehen! Um nicht wieder Unsummen von Yuan in Mopedfahrten zu stecken, informiere ich mich zunaechst im Internet. Die Industrial and Commercial Bank of China bietet im Grenzverkehr Wechsel der chinesischen und vietnamesischen Waehrungen an.

Also halte ich ein Moped an und lasse mich zur Industrial and Commercial Bank of China fahren. "Jawoll", sagen se, "das macht unsere Zentrale in der xxx-Strasze."

Also halte ich ein Moped an und lasse mich zur Zentrale der Industrial and Commercial Bank of China in der xxx-Strasze fahren. "Geldwechsel Yuan-Dong? Machen wir nur fuer Haendler. Als Privatmann muessen sie zur Bank of China."

Also halte ich ein Moped an und lasse mich zur Bank of China fahren. Ich lege meine Yuan auf den Tisch und sehe freudestrahlend zu, wie hinter der Glasscheibe die Dollar-Schatulle geoeffnet und Geld abgezaehlt wird.
Bank: "Wir benoetigen noch ihren Wechselbeleg."
Ich: "Was fuer'n Wechselbeleg?"
Bank: "Na den Beleg, als sie ihre Dollar in Yuan getauscht haben."
Ich: "Ich habe die Yuan am Automaten gezogen." Triumphierend zuecke ich den aufbewahrten Automatenbeleg.
Bank: "Tut uns leid, darauf koennen wir nicht wechseln."

Aaaaaahrggg!

Ich muss die Yaun ueber die Grenze mitnehmen und reise ohne Dong in Mong Cai/Vietnam ein.

Dort halte ich ein Moped an und lasse mich zur naechsten Bank fahren. Aussage hier: "Geldwechsel macht nur die Vietcom Bank."

Also halte ich ein Moped an und lasse mich zur Vietcom Bank fahren. Und dort wird tatsaechlich alles gewechselt von EURO ueber daenische Kronen bis zu Panini-Sammelbildern der WM 1982. ABER KEINE CHINESISCHEN YUAN. "Wenn sie Yuan tauschen wollen, muessen sie das bei den Frauen auf der Strasze machen. Die sitzen an jeder Ecke und geben ihnen Dong fuer Yuan."

So weit kommt es nicht mehr. Die Mopedfahrten haben meine letzten Yuan aufgezehrt.


HALONG CITY (28.-30.10.)

Mit Abstand die niedertraechtigste Unterkunft in Asien erwischen wir in Halong City. Kondome liegen unterm Bett, Ameisen muessen vom Bett gewischt werden, Monster-Kakerlaken und Wolfsspinnen geben sich ein Stelldichein. Bedarfsgerecht wasche ich mal wieder meine Unterhosen, lege sie zum Trocknen direkt auf die Waescheleine und nehme am naechsten Morgen frisch gewaschene Unterhosen von der Leine, die alle von einem schoenen braunen Roststreifen geziert werden, is klar auf welcher Hoehe und in welcher Richtung, ne?

Ansonsten geht hier gar nix. Bereiche erinnern an die Recreation Area in Ulan Bator in der Mongolei (wovon der Bericht fehlt), wo ich seinerzeit den Holzboden vom Riesenrad durchgetreten hatte. Das sagt alles.


CAT BA (30.10.-02.11.) im Paradies HALONG BAY

Ich fuehle mich auf dieser Insel schwer an Dominica in der Karibik erinnert, denn neben einem sagenhaften Blick auf die Bucht mit den schwimmenden Haeusern der Fischer hat sich unser Hotelboss einen Namen zugelgt, der in der Phalanx der dominicanischen Maennernamen wie Dr. Red, Challenger, Larry Love oder Cobra einen Spitzenplatz in Anspruch nehmen koennte. Man nennt ihn “Mister Zoom”.
Obwohl Strom genauso wie warmes Wasser rationiert sind, ist es wohl die beste Unterkunft, die wir bisher auf dieser Reise bekommen haben; fuer happige 4 Dollar pro Kopf kann man ja auch einiges erwarten.

Neben Boots- und Wandertouren bietet Zoom auch Fahrraeder und Motorraeder an. Motorraeder, das klingt nach schweren Jungens und leichten Maedchen. Das lassen wir uns nicht zweimal sagen und mieten uns fuer einen Tag die zwei dicksten Maschinen, die sein Fuhrpark hergibt. Es ist fuer Joerg genauso wie fuer mich die ERSTE Motorradfahrt ueberhaupt! Unsere Kisten heiszen Suzuki GSX 1300R “Heier Buser” (oder so aehnlich, ich kenne mich da nicht so aus) und haengen sehr praezise und bissig wie die Kreuzotter am Gas. Genau die richtige Kragenweite fuer schwere Jungs wie uns. So brettern wir ohne Helm, dafuer mit Lederjacke und Westernstiefeln bei 35 Grad im Schatten auf unseren Hoellenmaschinen ueber die Insel und verlieren pro Kilometer 5 KG Gewicht in Form von Hitze- und Angstschweisz.


Der November begrueszt uns mit einer Tour durch den Urwald des Cat Ba Nationalparks. Der Reisefuehrer empfiehlt einen lokalen Fuehrer, ausreichend Wasser und vor allem festes Schuhwerk. Wir buchen den Trip in unserem Hotel und werden am Morgen in eine Gruppe gesteckt, die aus uns und einer franzoesischen Familie (Vater, Mutter, Sohn, Tochter und deren Lebensgefaehrten, letztere alle Anfang-Mitte 20) besteht. Den ersten Disput gibt es am Eingang des Nationalparks, weil Fatter nicht den vollen Eintrittspreis bezahlen will. Er sei kein Tourist sondern wolle den Vietnamesen helfen, sei also eine Art Entwicklungshelfer, der wohl kaum den vollen Eintritt zu zahlen habe. Und der Mann an der Kasse sei ja kein Manager und solle erstmal seinen Namen rausruecken. Der Kassierer gibt letztendlich klein bei und erlaesst dem Franzosen den geforderten Betrag von 10.000 Dong (= 50ct).

Los geht’s und schon bald zeigt sich, dasz die Familie voellig unvorbereitet in den Dschungel marschiert. Eines der Maedchen hat sich am Morgen vor diesem Hardcoretrip in voelliger Geistesabwesenheit fuer einen Satz Ballettschuehchen entschieden. Huebsch anzusehen und zweifelsfrei zeitlos klassisch im Schnitt, aber nach einigen steinigen Bergaufpassagen muss sie sich hinsetzen und zerfaellt in Weinkraempfen. Nun, da muss sie durch.
Nach ca. 3 Stunden Wald und Stein erreichen wir flaches Land mit den obligatorischen Reisfeldern und landen in einem Dorf. Naja, so peu-a-peu, denn Vater, Mutter und Sohn schleppen sich wahlweise humpelnd oder auf allen Vieren aus dem Wald heraus, simulieren Knoechelverletzungen, Malariaattacken, Hartz-IV und Schlimmeres. Vater fordert (fordert, nicht bittet) die Weiterfahrt auf Motorrollern.
Der Ami schaffte es trotz jahrelangem Einsatz selbst der verabscheuungswuerdigsten Waffen nicht, den Nordvietnamesen muerbe zu machen. Vielleicht waere der Vietnamkrieg anders ausgegangen, haette man diese Familie auf den schlitzaeugigen Feind losgelassen, denn der Guide trommelt sichtlich entnervt die Dorfjugend zusammen und laeszt die Franzosen so weit wie moeglich auf Mopeds weitertransportieren. Auf seine Kosten. Er hat kapituliert.

Stahlhart wie wir sind, gehen wir und der Guide zu Fusz weiter. Nach 3 weiteren flachen Kilometern kommen wir an einen felsig-schlammigen Steinbruch, durch den auch die Franzosen zu Fusz durch muszten. So kommt es nicht ueberraschend, dasz wir sie kurz dahinter wieder eingeholt haben. Alle alle Schuehchen sind schmutzig, nass und sogar beschaedigt. Mon Dieu!


CHINA ALLGEMEIN

China ist ein groszartiges Reiseland. Zwar muss man auf Bahnhoefen mit permanenten Zurechtweisungen durch das Personal leben (die stellen sich in 2 Meter Entfernung auf und bruellen in ihr Megaphon, man solle sich nicht auf den Boden setzen), dafuer entschaedigt es mit vielseitigen, fantastischen Landschaften, einmaligen Traditionen und Kulturen, Freundlichkeit und Aufgeschlossenheit der Menschen, einer vorbildlichen Infrastruktur, Unterkuenften aller Kategorien, koestlichen Mahlzeiten und guenstigen Preisen.
In diesem Land fuehlt man sich immer und ueberall willkommen; den Eindruck hatte ich von Russland wahrlich nicht.

Zudem bieten sich vielfaeltige Moeglichkeiten zur Geschichtsklitterung. Am letzten Abend in Guilin bin ich mit einigen Studenten ins Gespraech gekommen. Ich wurde gefragt, wie es moeglich war, dasz Hitler Millionen Juden umbringen konnte. Ich nutzte die ungeahnte Moeglichkeit zur Richtigstellung und betonte, dasz der Fuehrer sehr erbost gewesen waere, haette er von der Judenvernichtung erfahren.

Nun mal Spasz beiseite: Meinungs-, Rede- und Pressefreiheit (aus internationalen Magazinen werden vor Verteilung an die Kisoke unliebsame Seiten entfernt) gibt es hier nicht. Leute, mit denen man ins Gespraech kommt, aeuszern sich ueber Politik aus Angst vor Repressalien nur im Freundeskreis. Zwei Mal bin ich Zeuge einer Festnahme durch Zivilpolizisten auf offener Strasze gewesen. Auch die Themen Umweltverschmutzung und Tierschutz sind noch nicht angekommen.

Dafuer ist man hier weit weg von Uschi Glas' Schminkeskandal. Man hat ihr aber auch uebel mitgespielt ...


HANOI (02.-05.11.)

Ziemliche Enttaeuschung, diese Hauptstadt eines der letzten sozialistischen Staaten der Welt. Das einzig Beeindruckende sind die Darstellungen von Kampfszenen in Pappmaché im Museum fuer Landesverteidigung. Aus Pappe, Plastik, Wolle und Schaumstoff haben die Aussteller Landschaften, Geschuetze, Soldaten und Flugzeuge gebastelt. Lustig gemacht ist der Abschuss eines amerikanischen Kampfflugzeugs: Die Explosion wird von einer roten Plastikblume dargestellt. Mein Kunstlehrer Herr Fiebig haette uns dafuer in der 6. Klasse eine 4 gegeben, aber nur, weil er so'n weichgekochter Pazifist ist.

Abends tut sich auch nicht viel. Der Reisefuehrer schickt uns ins "Highway 4", in dem sich angeblich die Anhaenger des Minsk*-Motorradclubs treffen. Totale Enttaeuschung vor Ort: Vor der Tuer stehen ausschlieszlich muede Motorroller. Zu duerr fuer schwere Jungens wie uns.
* Minmsk ist eine russische Motorradmarke.

Als wir in einer englischsprachigen lokalen Zeitung die Stadt Bielefeld erwaehnt finden, entscheiden wir uns, schnellstmoeglich Hanoi Richtung Laos zu verlassen.


SONSTIGES

Die ganzen Horrorgeschichten bezueglich Doxycyclin (Malariprophylaxemittel) kann ich nicht bestaetigen. Trotz taeglicher Einnahme funktionieren meine Gliedmaszen und die Sehschaerfe ist auch unveraendert. Allerdings fing mein Hintern vor 2 Wochen an, schwarz zu werden und fiel mir in Macao vollends ab. Na egal, ich hatte eh zuviel davon.

Habe heute mit Bestuerzung das Wahlergebnis in den USA zur Kenntnis genommen. Der Sockenstreit zwischen China und den USA, in den letzten Tagen in den chinesischen Medien das Hauptthema, wird wohl nun weitergehen. Die amerikanische Regierung hatte in der Woche vor der Wahl die Einfuhr von 180 Millionen Paar Socken aus chinesischer Produktion verboten. Hat das in Deutschland eigentlich auch solche Wellen geschlagen?


Morgen fliegen wir nach Luang Prabang. In Vientiane wollen wir die ca. 5 Stunden zwischen den Fluegen nutzen, um uns die Hauptstadt von Laos anzusehen. Ich erinnere an Bruno Kuessling in "Wilder Westen inklusive", der Aehnliches in New York vorhatte.


Tham Biet!

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