8.11.04

Markus Altekrueger: Zu erfolgreich: Mit dem Popelpiloten zum Schrumpelabdomen

SABADI AUS LAOS!

Na super, nach vier Wochen habe ich Kyrillisch beherrscht, war nach 5 Wochen Meister in Chinesisch und froh, als in Vietnam wieder lateinische Schriftzeichen verwendet wurden.
Und nun? Der Laot, der Chaot (haha, alter Witz der Einheimischen) schreibt in Thai! Die wollen uns fertig machen!
Und warum? Weil wir so erfolgreich sind!


HANOI UEBER VIENTIANE/LAOS NACH LUANG PRABANG (05.11.)

Der letzte Transfer von Hanoi nach Luang Prabang/Laos war keine nackenquaelende Busfahrt, keine nervenaufreibende Zugfahrt, keine langatmige Bootsfahrt und keine gesaeszfolternde Mopedfahrt sondern ein luxurioes-angenehmer Flug. Wir sind mit Vietnam Airlines nach Vientiane und von dort weiter mit Lao Airlines nach Luang Prabang geflogen.
Die Piloten, mit denen ich bislang geflogen bin, haben vor dem Start Checklisten abgearbeitet, die Triebwerke inspiziert oder zumindest die Stewardessen flach gelegt. Nicht so hier. Als wir in Vientiane auf dem Flugfeld vor der Turboprop stehen und darauf warten, einsteigen zu duerfen, beobachte ich den Piloten in seiner Kanzel, wie er minutenlang in der Nase popelt und seine Ernte begutachtet. Scheint ein vorzueglicher Jahrgang zu sein.


LAOS ALLGEMEIN

Vor dem Weiterflug nach Luang Prabang haben wir in Vientiane, der Hauptstadt von Laos, knappe 5 Stunden Zeit. Genug also, uns mit dem Tuk-Tuk die 3 Kilometer bis ins Zentrum der Hauptstadt bringen zu lassen, um einen ersten Blick in den laotischen Alltag zu erhaschen.

Hier in Laos findet das Leben ausschlieszlich im ersten Gang statt; das schont die Kupplung und im Winter wird’s schneller warm. Kein Gewusel in den Straszen, kein Laerm, kein Gehupe, keine aufdringlichen Haendler. Alles gaaaaaanz laangsaaaaaam. Ein Dorado fuer ehemalige deutsche Verteidigungsminister …

Trotz aller Gelassenheit werden wir bei unserem Vientiane-Ausflug, gemuetlich in einem Restaurant am Mekong sitzend, kurzzeitig nervoes. Muessen wir eigentlich die Uhren umstellen? Fragen wir doch einfach den Kellner im Restaurant: "What time is it?" Wir ernten, trotz sichtbar getragener Armbanduhr, ein Schulterzucken. "I ask kollegue".
So beobachten wir, wie einige Meter hinter uns an der Bar alle fuenf Mitarbeiter zusammen kommen und ihre Uhren vergleichen. Offenbar ergeben sich acht verschiedene Uhrzeiten und wir haben bis heute keine Antwort auf die Frage, ob wir in einer anderen Zeitzone unterwegs sind. Das sagt doch alles.

Zurueck am Flughafen zeigen sich auch die Sicherheitskraefte von ihrer laotischen Seite: Als ich bei der Personenkontrolle durch den Detektor schlurfe, schlaegt die Maschine aus und piepst wie die Alarmanlage beim Mona-Lisa-Diebstahl im Louvre. Alles kein Thema. Der Beamte – 6 Meter weit weg an eine Wand gelehnt – deutet mir mit einem Wink, das Hemd kurz zu lupfen.
Aha, Guertel.
Das war’s!


URWALDAUSFLUG BEI LUANG PRABANG

An die laotische Geschwindigkeit muss ich mich erst gewoehnen und bin dabei nicht alleine. So unternehmen wir eine Bustour zu Wasserfaellen im Urwald. Auf dem Parkplatz sagt unser Fahrer, dasz wir in einer Stunde zurueck sein sollten. Neun der zehn Teilnehmer – alle waren erst vor Kurzem in Laos angekommen – erscheinen puenktlich am Bus. Nur ein Schotte versteht die Aufregung nicht die herrscht, als er uns ganze 50 Minuten spaeter gemuetlich entgegen schlendert. Vollprofi wie er ist entrinnt es ihm “Hey Guys, this is Laos”.

Kurz vorher auf der Fahrt zu den Wasserfaellen sorgt eine Bueffelherde in einem Tuempel fuer ein groszes Hallo; ein halbes Dutzend Bueffel steht bis zum Kopf in einem Wasserloch und so ist von ihnen bis auf die schleimig-glaenzende Nase, teilnahmslos dreinblickenden Augen und spitzen Hoerner nix zu sehen. Trotzdem steigen alle aus und machen wie die Bekloppten Fotos von mueszig-ruestigen Bueffeln bis zur Huefte im Tuempel. Dabei steht neben dem Tuempel ein weiterer Bueffel, fuer den sich niemand interessiert. Dieser stellt seine ganze Schoenheit zur Schau und bietet somit mehr Bueffel fuer’s Geld. Versteh’ einer die Touristen …

Beim Wasserfall haben wir die Moeglichkeit, ein wenig durch die Vegetation zu schlendern. Und nachdem ich auf Cat Ba zum ersten Mal eine Schlange in freier Wildbahn sah, begegne ich hier im Unterholz meiner ersten Vogelspinne. Zumindest erweckt sie mit der Groesze meiner Bueropranke, ihren acht Beinen und ihrem faltigen Abdomen, welches sie mir entgegen streckt, den Anschein. Allerdings ist sie pechschwarz, nahezu unbehaarten und huepft mehr als dasz sie laeuft. Kennt sich da jemand aus?
Egal, so oder so wird’s Uschi Glas interessieren. Wenn ihre Anti-Faltencreme nach den Ergebnissen der Stiftung Warentest aus den Regalen gezogen wird, kann sie damit immer noch laotische Schrumpelabdomen straffen.

Auf der Rueckfahrt wird es kurz vor Erreichen von Luang Prabang interessant: Wir spitzen die Ohren, als eine amerikanische Mitfahrerin vom Pussymarkt erzaehlt, an dem wir gleich vorbei kommen. “Da gibt es alles!” Mal ehrlich, Maenner, wer wird da nicht hellhoerig?
2 Kilometer weiter passieren wir ein Schild mit der Aufschrift “Phu Si Market”. Na toll, nur Gemuese.


LAOS IM INTERNATIONALEN VERGLEICH

Kaum jemand weisz bzw. kann sich vorstellen, dasz ueber keinem anderen Land der Welt mehr Bomben abgeworfen wurden als ueber Laos. Die Amis haben hier zwischen 1964 und 1973 den Bombenteppich ausgerollt: In 580.344 Einsaetzen sind mehr als 2 Mio Tonnen davon ueber Doefern und Urwald abgeworfen worden, um die Nachschubwege des Vietcong zu zerstoeren. Seitdem gab es rein rechnerisch taeglich mehr als einen Blindgaengerunfall mit entsprechenden Vestuemmelungen. Ein weltweit verdraengtes Drama.


LUANG PRABANG (05.-09.11.04)

Wieder einmal haben wir grosses Glueck. Wie auch in Peking (Nationalfeiertag) und Hong Kong (German Bierfest) sind wir puenktlich zu einer Veranstaltung ersten Ranges vor Ort. Es laufen die “14. Internationalen Abrisstage”, die dieses Jahr in Luang Prabang ausgetragen werden. Die meisten Wettkaempfe finden in unserem und im Umkreis von 20 Metern um unser Guesthouse statt. Startschuss ist jeweils morgens um 08.00 Uhr. Die Teilnehmer messen sich u.a. in den Disziplinen:
- Hauswaende einreiszen,
- Fensteraussparungen aussparen,
- Strasze aufreiszen,
- Kacheln abschlagen.
Einzig zugelassene Sportgeraete: Hammer und Meiszel.

Die wollen uns fertig machen!
Und warum? Weil wir so erfolgreich sind!

Spannend auszerdem die Wandlung der Mitbewohner: Statt Kakerlaken, Ameisen und Spinnen gibt’s Geckos und Heuschrecken. Die sind mir viel sympathischer und da sie – passend zum Land, in dem sie leben – laenger an einem Fleck verweilen, lassen sich von ihnen viel einfacher Beweiszfotos fuer die Regreszansprueche gegenueber dem Reiseveranstalter machen, gell.

Beim Wetter haben wir dagegen weniger Abwechslung. Abgesehen von 3 Stunden Regen in Moskau, 4 Stunden Regen in Irkutsk und einem Tag Regen und Sturm an der Groszen Mauer bei Peking leiden wir seit dem 01.09. unter brutal bruetender Sonne und gnadenloser Trockenheit. Die wollen uns fertig machen!
Und warum? Weil wir so erfolgreich sind!

Groszes Kino am ersten Abend in Luang Prabang. Auf der Suche nach einer Kneipe landen wir bei einer Hochzeit. Essen und Freibier fuer alle!!
An dem Abend habe ich viele Notizen gemacht:
- Laoten schmeiszen lebenden Fisch in den Wok
- Habe auf der Hochzeit mein Hemd gedurcht
- zukuenftig nur noch auf Plattdeutsch laestern I
- zukuenftig nur noch auf Plattdeutsch laestern II
- Kuchenblechmafia
- Dialog: Ich “Ist das Salat?” Joerg: “Ja, das ist Salat.”

Wie gesagt, Freibier und daher kann ich diese Stichpunkte in keinen Kontext mehr zwaengen. Schade!


WECHSEL- UND MEKONGSTROM

Den zur Lebenseinstellung passenden Fluss haben die Laoten lange gesucht und im Mekong letztendlich gefunden. Mit unnachahmlicher Ruhe und Souveraenitaet windet er sich durch das ganze Land, als haette er seinen Lebtag nix anderes gemacht. Wen wundert’s, hat er doch im Gegensatz zu seinen europaeischen Wettbewerbern in dieser Liga keine weiteren Verpflichtungen zu erfuellen wie Kernkraftwerke zu kuehlen, Loeschwasser von Sandoz-Fabriken abzutransportieren oder karnevalsgeschwaengerten Koelner Strunkelbubenurin aufzunehmen.

Exkurs aus aktuellem Anlass:
Jedes mal, wenn ich in einem Internetcafe sitze und schreibe, faellt der Strom aus. Grad mal wieder.
Die wollen uns fertig machen!
Und warum? Weil wir so erfolgreich sind!
Gelassen bleiben ist hier erste Buergerpflicht. Man greift zum besten Bier Asiens (Beer Lao), setzt sich vor die Tuer und schnackt mit der Betreiberin, die dabei ihr Kind stillt. Laos eben.
Exkurs zuende


Es steht die naechste Fluszfahrt, diesmal auf dem Mekong, an. Wer haette gedacht, dasz wir wieder (nach Jangtze- und Li-Flusz-Desaster) auf dem letzten Kahn des Kontinents landen. Unser Kaeptn ist sehr aberglaeubisch und legt groszen Wert darauf, die Goetter des Mekongs zu besaenftigen. Was bietet sich da besser an, als pro Liter Vortriebs- einen Liter Besaenftigungsbenzin durch undichte Leitungen direkt in den Mekong zu kippen. Es kommt wie es kommen musz: Der Sprit ist aus und wir treiben auf dem Flusz. Also werden die Paddel rausgeholt.
Die wollen uns fertig machen! …


ICH SAHE NOCH EINMAL: DIE WOLLEN UNS FERTIG MACHEN …

Wir werden staendig verarscht was Fuszballspiele angeht. In Hong Kong wurden wir nach telefonischer Anfrage auf einem Sonntag zum Stadion zitiert, weil da angeblich ein Ligaspiel stattfaende. Fehlanzeige.
In Luang Prabang/Laos fahre ich am Sonntag mittag mit dem Fahrrad am Stadion vorbei, frage, ob ein Spiel stattfindet und werde fuer 14 Uhr eingeladen. So bin ich zwei Stunden spaeter wieder da und erfahre, dasz lediglich Orangen verkauft werden.

Die wollen uns fertig machen!

Und warum?

Weil wir so erfolgreich sind!


Markus

P.S.: Damit ihr nicht glaubt, ich beherrsche ausschlieszlich Nicole:


1. An ‘ner Eck steit´n Jung mit´m Tueddelband,
inner annern Hand ´n Butterbrot mit Kaes´.
Wenn he blosz nich mit de Been in Tueddel kuemmt,
und da licht he ock lang op de Nees.
Und he rasselt mit´m Dassel gegen Kantsteen
und he bitt sich ganz gehoerig op de Tong,
as he opsteit saech he:" Haet ni weh donn,
das´n Klacks für so’n Hamburger Jung."

Ref.:
Klau´n, klau´n, Aeppel woll’n wi klau´n,
ruck, zuck über´n Zaun,
ein jeder aber kann das nicht,
denn er musz aus Hamburg sein.

2. An ‘ner Eck steit´n Deern mit´m Eierkorb,
inner annern Hand ´ne grode Buddel Rum.
Wenn se blosz nich mit de Eier op dat Plaster sleit
und dor sech dat ock al lang: bumm, bumm.
Und se suett de Eier und de Rum tosonn
uns se saech: So’n Eierkoken eit i gern”.
As se opsteit saech se:" Haet ni weh donn,
das´n Klacks für so´n Hamburger Deern."

Ref.:
Klau´n, klau´n, Aeppel woll’n wi klau´n,
ruck, zuck über´n Zaun,
ein jeder aber kann das nicht,
denn er musz aus Hamburg sein.

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