10.10.05

Neuseeland 3: Picton & Nelson - ab auf die Suedinsel

Wellington nach Picton

Manchmal wird man unverhofft auf Deutsch angesprochen. So stellt
sich schnell heraus, dass der Taxi Fahrer, welcher uns frueh morgends
zum Faehrterminal bringt, der Deutschen sprache fliessend maechtig
ist. 70 Jahre + X hat der brave Mann aus Salzburg auf dem Buckel und
ist nach eigenem Bekunden mit 50 Jahren schon viel zu lange in
Neuseeland. Verlernt hat er in dieser Zeit den in Deutschland ueblichen
Brauch, Summen bei gutem Service um etwas Trinkgeld aufzurunden.
Das ist hier normalerweise nicht so ueblich, setzt sich aber an Orten
mit hoher Touristendichte langsam schleichend durch. Immerhin bis
sieben kann eine Familie aus England im Fahrstuhl der Faehre auf dem
Weg zu eben diesem Deck zaehlen. Die paar Brocken Deutsch haben sie
in Bielefeld gelernt. Das es dort sehr schoen sei kann ich aber als
schmeichelhafte Luege entlarven. Die Welt ist klein.

Einen letzten Blick koennen wir von Bord auf den Flughafen von Wellington
werfen als wir die Bucht in Richtung Suedinsel verlassen. Die Landebahn
ist schmal und kurz wie ein Handtuch und erinnert stark an den alten
Flughafen in Hong Kong. Wenn der Pilot pennt, landet man auf jedem Fall
im Wasser, da die Landebahn auf einem schmalen Grad von Wasser zu Wasser
reicht. Zusaetzlich stellen die boeigen Winde, fuer welche Wellington
beruehmt ist, hohe Anforderungen an das fliegerische Koennen der Piloten.
Schauts euch einfach als Satellitenbild auf
Google Earth selbst an.

Mit einem eigensinnigen "Take the bad weather with you" wurden wir
beim besteigen der Faehre in Wellington begruesst. Ungern kommen
dem frommmen Wunsch nach, verlieren jedoch die ein oder andere
Regenwolke auf der Passage durch die Cook Street. Der heftige
Dauerregen aus Wellington ist in Picton auf ein Dauernieselregen
zusammengeschrumpft und im Laufe des Tages zeigt der Himmel sein
blaues Gesicht zwischen aufbrechenden Wolken welche die Berge des
Marlborough Sounds nur schleppend und nach Abwerfen von Balast in
Form von Regen heraufkommen.

Aeroto Khangi, das Grosse Weisse Wolkenkissen

Der regenschwangere wolkenverhangene Himmel erlaubt uns,
Zeuge eines seltenen Naturschauspiels zu werden. Die Religion der
neuseelaendischen Ureinwohner ist sehr lebendig und phantasievoll
und damit dem in Europa verbreiteten droegen und oeden Christentum
weit voraus. Trotz ihrer Rueckstaendigkeit wussten die Maori schon
lange vor den Europaeern, dass die Erde eine Kugel ist. Und dass
Neuseeland unten liegt. Aus Angst, von der Erde herunterzufallen,
erfanden sie einfach die Legende von Aeroto Khangi (frei uebersetzt:
"Grosses Weisses Wolkenkissen"). Das ist manchmal am Himmel zu sehen
und wiegt die Maori in der beruhigenden Gewissheit, weich zu landen,
falls sie von der Erde fallen. Auch wir sind beeindruckt und fuehlen
uns fuer den Rest der Reise etwas sicherer.

Picton: Wandern im Marlborough Sound

Der Marlborough Sound ist ein geflutetes Gebirge dass den Norwegischen
Fjorden nicht unaehnlich ist. Zumindest stelle ich mir so die Fjorde in
Norwegen vor, bin selber noch nicht dort gewesen. Trotz schlechtem
Wetter schnueren wir die Stiefel und wagen eine weitere Uebungsrunde,
quasi als Generalprobe fuer den Abel Tasman Nationalpark.

Marlborough Sound: Abgesoffenes Gebirge

Wanderweg

Bei den vielen Farnen und Palmen erwartet man staendig, dass man
auf einen Dinosaurier trifft, wenn man dem Weg um die naechste
Ecke folgt. Stattdessen kommt uns ploetzlich eine Herde von drei
bis vier Kuehen entgegengaloppiert. Knapp koennen wir zur Seite
springen und ausweichen. Gejagt werden die armen Viecher von zwei
neuseelaendischen Cowboys, welche die Kuehe mit einem Quad
(Motorrad mit vier Raedern) und einer Meute Rottweiler vor sich
her auf die naechste Weide treiben.

Die Rottweiler sind sehr still und harmlos. Spaeter verfolgt uns
einer und geleitet uns sicher zur naechsten Kuhweide. Dabei bleibt
er immer einen Schritt hinter uns und laeuft nie vor uns her.
Gelernt ist gelernt, lediglich auf die Weide lassen wir uns nicht
von ihm draengen, unserer Weg ist ein anderer.

Problematisch sind die Zeitangaben der Nationalparkverwaltung bei
der Planung einer Wanderung. Fuer die absolvierten 23km Wanderung
werden acht Stunden als Zeit angegeben. Wir brauchen 6 Stunden
und werden zukuenftig nur 80% der vorgebenen Zeit einkalkulieren.

Seltene Saeugetiere die sich im Dschungel verstecken

Zurueck zum Start mit dem Wassertaxi

Sven ist im uebrigen der Meinung, das Franzbranntwein ein
probates Mittel zur prophylaktischen Behandlung von
Muskelkater ist. Leider haben wir keinen dabei und koennen
so ein paar Stunden nach der Wanderung saemtliche Muskeln
in Ober- und Unterschenkel der Beine spueren. Ein herrliches
Gefuehl! Das mit dem Franzbranntwein ist eh nicht so mein
Fall, denn wer moechte schon auf Reisen wie ein Altersheim
riechen? Ich jedenfalls nicht.

Nelson: Vorbereitung auf den Abel Tasman

Das Hostel "Club Nelson" habe ich in die Top-5 der weltweit besten
Unterkuenfte, in denen ich genaechtigt habe, aufgenommen. Die
Bezeichnung Club ist vielleicht etwas irrefuehrend, aber nicht
uebertrieben: Zur Anlage der in einem eigenen kleinen Park ueber
Nelson thronenden Villa gehoert ein Basketballplatz, ein Swimming
Pool und ein Tennisplatz. Very British. Und das fuer sparsame 15 Euro
pro Nacht und Nase.

Zimmer im Club Nelson

Gelungen ist auch die farbliche Gestaltung der Zimmer.
In dem pinken Raum muessen wir zum Gluck nicht naechtigen,
unser in himelblau gehaltenes Doppelzimmer gefaellt uns da
schon besser.

Das Zentrum von Neuseeland

Bei der Vergabe sehenswerter Attraktionen hat Nelson nicht gerade
besonders laut HIER geschrien. Immerhin hat hier das erste Rugby
Spiel Neusselands stattgefunden. Zum Glueck befindet sich auch der
geographische Mittelpunkt Neuseelands hier - und das ausgerechnet auf
einem Huegel ein paar hundert Meter ueber der Stadt. Wer weiss eigentlich,
wo Deutschlands geographische Mitte liegt? Irgendwo in Thueringen an der
Unstrutt?

Wie die meisten Backpacker benutzen wir Nelson als Sprungbrett fuer
den Abel Tasman Nationalpark. Wurst und Brot fuer die naechstn Tage
sind gekauft und morgen gehts dann fuer drei Tage in den Dschungel.
Wenn jemand Bedarf an einer neuseelandischen Pelzrobbe hat, so mag
er sich melden, ich bringe sie dann mit.

Zur Politik: Heute strahlte uns das Merkel aus der Neuseelaendischen
Zeitung hervor. Der Kommentar zur ersten deutschen Kanzlerin war
vernichtend: Ihr politisches Handwerk habe sie bei der kommunistischen
FDJ gelernt, seltsamerweise sei sie so ziemlich das unfreundlichste was
in der deutschen Politik rummrennt. Im Osten Deutschlands wuerde Merkel
nicht akzeptiert und im Westen nicht ernst genommen und belaechelt.
Zusammenfassend sei Merkel ueberhaupt die schwaechste Kanzlerin die
Deutschland je hatte. Mal sehen, was das gibt. Auch hier in Neuseeland
waren uebrigens Wahlen, aehnlich wie in Deutschland laeuft es auch hier
auf eine grosse Koalition hinaus.

Zum Schluss ein deutsches Lehnwort, welches es in den aktiven
Wortschatz der Neuseelaender geschafft hat:
ABSEILING.
Wenn man abseiling bucht, so wird man an einem Seil in ein
tiefes Loch abgeseilt. Und anschliessend wieder herausgezogen.

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Ich weiß gar nicht, was ihr habt. Ich finde das pinke Barbiezimmer totschick.
Detra :-)