25.10.05

Neuseeland 6: Die Kurve kratzen im Bottom Bus und bis nach Queenstown

Unten rum durch die Catlins mit dem Bottom Bus

Mit dem Bottom Bus lassen wir uns in zwei Tagen von Dunedin
ins Fjordland nach Te Anau bringen. Der Bus bereist dabei die
landschaftlich hoechst attraktiven Catlins, eine abgeholzte
Kuestenregion welche den suedlichsten Abschnitt von Neuseelands
Suedinsel bildet.

Der Name "Bottom Bus" ist dabei bewusst zweideutig gewaehlt.
Natuerlich heist er so, weil er die unterste Region Neuseelands
abfaehrt. Aber auch die zweite Bedeutungsebene entsprechend der
deutschen Uebersetzung von "Bottom", "Arsch" (resp. "Hintern"),
wird mehrfach bedient.

Die Gesellschaft operiert fuer den neuseelaendischen
Reiseanbieter "Kiwi Experience", welche nach eigenem
Bekunden die Schoenheiten abseits ausgetretener
Touristenpfade ansteuert. Tatsaechlich wird das genaue
Gegenteil praktiziert: Ausschliesslich auf den
ausgenudelsten touristischen Rennstrecken wird
operiert.

Alte Haengebruecke in den Catlins

Birgit hat im Abel Tasman schon vor den Jungs gewarnt, denn
ein aequivalenter Service wird auf den Fiji-Inseln angeboten.
Dabei hat sie eher noch untertrieben. Zielgruppe ist ein junges
Mallorca kompatibles und uneingeschraenkt partywilliges Publikum,
ungefaehr so wie bei "Rainbow Tours" in Deutschland. Wir
fallen sowohl beim Alter, als auch mit unseren Lebensentwuerfen
aus diesem eng gesteckten Rahmen. Etwas deplaziert ist ausserdem
ein japanisches Paerchen, weil es nur sehr sehr wenig Englisch
versteht.

Die anderen 10 Maedels im Bus und die beiden surferstereotypen
Betreuer entsprechen jedoch dem Klischee voll. Das
Unterhaltungsprogramm im Bus ist englisch und absolut fuer
den Arsch (resp. Bottom): Waehrend der Fahrt werden HipHop-CDs
zu Gehoer gebracht. Besonders gut gefaellt dem einen Fahrer
das Lied "Your Mother Has A Penis", weshalb er es gleich
mehrmals am Tag spielt - endlich kann ich auch den Sinn hinter
dem Klippengrafitti aus dem vorletzten Bericht deuten.

Zur Auflockerung gibt es Spielchen vom "Ich packe meinen
Koffer"-Kaliber oder jeder darf seinen Lieblingswitz ueber den
Bordfunk zum Besten geben. "Klein Fritzchen" Witze heissen
hier "Little Johnny" Witze und verbreiten auch auf englisch
denselben nach Bierfurz stinkenden Altherrenhumor wie ihre
deutschsprachigen Entsprechungen. Die Japaner verstehen kein
Wort und wir wenden uns mit Grausen ab.

Wieso eine Daenin Sven und mich fuer Schweden haelt will mir
nicht einleuchten. Schliesslich unterhalten wir uns auf Deutsch,
dass sie sogar etwas versteht. Sven und ich beschliessen daher, beim
laestern ueber Mitreisende nicht zu stark auf die fremdsprachliche
Wirkung unserer Muttersprache zu vertrauen.

Neuseelaendischer Gelbe-Augenbrauen-Pinguin

Wir akklimatisieren uns schnell auf dem Anfangs ungewohnten
und neuem Terrain. Und bekommen dafuer ein paar schoene
Highlights geboten. Absoluter Hoehepunkt der Catlins-Tours
ind hierbei die nur in diesem Teil Neuseelands lebenden
Pinguine.

Waehrend der partywillige Bestandteil der Truppe morgends
um sechs noch in den Schlafsaecken ratzt nehme ich ein Bad
im Pazifik (schwimmen kann ich das reinlaufen, untertauchen
und wieder aus dem Wasser herausrennen nicht nennen). Dann
gehts mit der Kamera zur Pinguinkolonie.

Die sollen es mir um diese Uhrzeit nachmachen, ihre Nester
verlassen uns zur Nahrungssuche ins Wasser springen. Und
erst Abends mit vollem Bauch zurueck an Land kommen.

Pustekuchen. Niemand von den Herren Pinguinen ist so bekloppt
wie wir, sich morgends frueh auf sechs Uhr den Wecker zu stellen.
Erst eine Stunde spaeter von den ersten Sonnenstrahlen geweckt
watscheln sie zum Strand. Die Herrschaften belieben auszuschlafen.

Auf zum morgendlichen Bad in den Pazifik

Im laufe der Zeit sammelt sich eine kleine, aber nicht minder
schlagkraeftige, Truppe von fuenf Pinguinen am Strand. Nach dehnen,
strecken und anderer morgendlicher Gymnastik gehts dann im
Gaensemarsch herunter zum Wasser. Von einer Welle ueberrascht
stehen sie ploetzlich knietief im Wasser. Ein lautes Gezeter ob
der Wassertemperatur setzt ein, die Burschen drehen um und
watscheln ihre Formation haltend zurueck zu trockeneren Bereichen
des Strands. Auf waermeres Wasser wartend wollen sie es spaeter
noch einmal probieren. Das fruehe Aufstehen hat sich gelohnt.

Die suedlichste Stadt Neuseelands heisst Invercargill. Angeblich
ist es auch die suedlichste Stadt der Welt. Wir lassen diese
Chance nicht ungenutzt und besichtigen den suedlichsten Supermarkt,
das suedlichste McDonalds und die suedlichste Subway Filiale der
Welt. Irre, was man so alles zu sehen bekommt!

Hinterndekoltee passend zum Namen des Reiseveranstalters

Vom Namen des Busbetreibers inspiriert bitte ich am suedlichsten
Punkt Neuseelands zu einem entsprechenden Photo. Bei den Englaenderinnen,
welche bekannlich in dem Ruf stehen, jeden gruppendynamischen Scheiss
mitzumachen, bedarf es keiner besonderen Ueberredungskuenste. Der Busfahrer
ist sowieso komplett schmerzfrei und schummelt sich aus eigener Initiative
mit aufs Bild. Er ist leicht als der einzige mit einer nennenswerten
Hinternbehaarung ganz rechts im Bild zu erkennen.

Eigentlich ist er auch der einzige, der wirklich die Hosen herunterlaesst.
Einem anscheinend in England weit verbreiteten Modediktat folgend tragen
Englaenderinnen ausschliesslich bauchfreie Tops mit Spaghettitraegern in
den Farben tuerkis, mint oder pink. Und dazu eine Jens, welche sich nur
unterhalb der Beckenknochen schliessen laesst. So wie oben auf dem Photo
sieht es also immer aus, wenn man sich dieser Bekleidung entsprechend auf
eine Bank oder einen Stuhl setzt.

Fjordland und Milford Sound

Zu Recht gehoert der Fjordland Nationalpark zum Weltkulturerbe.
Es ist hier einfach sehr schoen. In Te Anau steht uns der Sinn
nach etwas mehr koerperlicher Ertuechtigung als wir sie in den
letzten zwei Tagen hatten.

Wir laufen daher das erste Teilstueck des Kepler-Tracks. Wie
alle Nationalparkwanderwege ist dieser ca. 60 km lang und auf
vier Tage angelegt. Der Aufstieg auf den ersten Berg ist
anstrengend und angenehm fordernd.

Oben: Sven

Ein herrlicher Ausblick bei bestem Wetter und bester Sicht
ist die passende Belohnung. Wie gut, das hier oben kein
Bottom Bus verkehrt!

Oben

Ruhig ist es hier oben trotzdem nicht: Beim Auf- und Abstieg
werden wir wiederholt von Joggern ueberholt oder muessen
diesen ausweichen waehrend sie den Berg rauf- und runterrennen.

Spaeter lernen wir den Grund fuer diese etwas extreme Art
der Leibesertuechtigung kennen: Einmal im Jahr gibt es den
so genannten "Kepler Challenge". Ziel ist es, den kompletten
Keplertrack so schnell wie moeglich zu durchlaufen. Der ist
immerhin 60 KM lang und ueberwindet zwischenzeitlich
Hoehenunterschiede von 1800 m (wie auf dem Teil auf dem wir
heute wandern).

Zum Wandern ist er auf vier Tage angelegt.
Wir brauchen fuer den Aufstieg des steilsten Stuecks 1:45
Stunden. Der Rekord des Kepler Challenge liegt bei 4 Stunden
und 45 Minuten! Dagegen macht sich der Iron Man Triathlon wie
Bundesjugendspiel aus. Warum sind Neuseelaender in dieser
Disziplin nicht weltweit erfolgreich?

Oben: Ich

Ein Bus bringt uns auf dem Weg nach Queenstown durch
den weltberuehmten Milford Sound. Angeblich das achte
Weltwunder und Touristenmagnet Nummer 1 in Neuseeland.

Der magnetischen Anziehungskraft koennen sich neben uns
auch nicht eine Gruppe von ca. 80 japanischen Rentnern
entziehen. Waren wir fuer den Bottom Bus etwas zu alt,
so sind wir hier eindeutig zu jung. Der Bus stoppt,
einer Schafsherde gleich springen wir raus, machen Bilder,
und dann gehts weiter. Maaaaeeeeeehhhh....

Spaeter trotten wir auf das Schiff und befahren den Milford
Sound. Anders als auf diese Art und Weise laesst er sich
leider nicht bereisen, diese Kroete muessen wir also schlucken.
Der Milford Sound selber ist ganz nett, bleibt aber eindeutig
hinter dem marketingtechnisch aufgeblasenen Popanz zurueck.

Wasserfall am Milford-Sound

Queenstown

Queenstown ist die Touristenhochburg Neuseelands. An ihr
kommt man nicht vorbei. Einziger Lebenszweck dieser Stadt
ist der Tourismus.

Den Gaesten soll Geld mit den aberwitzigsten Aktivitaeten
aus der Tasche gezogen werden. Bungee springen ist schon
etwas sehr altbacken und aus der Mode. Abseiling und hunderte
von Metern ueber Klippen und Fluessen herumbaumeln (neudeutsch
"Swinging") ist der Trend der Saison. Wie Ameisen auf Speed
gondeln kleine Busse durch die Strassen, spucken Touristen
auf dieselbe und sammeln neue auf um diese zu den 1000
Attraktionen zu gondeln.

Wer etwas auf sich haelt, bucht ein Komplettpaket: Um 8 einen
Berg auf einem schlecht gewarteten Mountainbike herunterschubsen lassen,
dann Wildwasserrafting, 1000m Bungeespruenge zum Kaffee und
Abends in den Pubs gehoerig die Birne wegknallen.

Da ich das so oder aehnlich mit wechselndem Erfolg und wechselnder
Begeisterung schon bei meinem letzten Besuch gemacht habe stelle
ich dieses mal ein Programm bestehend aus den Adrenalinpushern
"Extreme Ausschlafing", Minigolfing, "Kiwi Spotting" und allgemeinen
Abhaengen zusammen. Man wird aelter und die Beduerfnisse aendern sich.

Genug fuer heute. Morgen gehts nach Franz Joseph auf den Gletscher.
Im Bus dorthin will ich lesen, das Pauli heute gegen Bochum gewinnt.
Feuert sie also an - ihr wisst, was ihr zu tun habt.

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