15.10.05

Neuseeland 4: Draussen im Abel Tasman Nationalpark & Kaikaroua

Abel Tasman

Der Abel Tasman Nationalpark ist einer der Hoehepunkte unseres
Urlaubs. Wir modifizieren unsere urspruengliche Planung ein
wenig und wollen versuchen, die 55 km lange Kuestenstrecke in
zwei (statt wie geplant in drei) Tagen von Nord nach Sued zu
durchlaufen. Die Parkverwaltung empfiehlt fuer die Strecke vier
bis fuenf Tage, durch bisherige Trainings geschult schafft man
das bestimmt auch schneller.

Typisches Touristenphoto 1: Strand im Abel Tasman Nationalpark

Beide nehmen wir unsere grossen Rucksaecke mit. Denn wir brauchen
viel Platz fuer Verpflegung und Getraenke. Mein Rucksack fuehlt sich
ziemlich schwer an, der Skipper vom Wassertaxi stoehnt als er ihn
mir in mir vom Boot aus herunterreicht. Das Bier musste trotzdem mit,
das kann man hier schliesslich fernab der Zivilisation nicht kaufen.

Eigentlich hatte man uns einen Kuestenwanderweg versprochen. Immer
wieder, von einer Bucht zur naechsten, das schwere Gepaeck 100-300
Meter die Klippen in gewundenen Serpentinen hochzuwuchten - davon
stand nichts in der Trackbeschreibung. Spaeter lernen wir, dass
man sich den Rucksack auch bequem von einer Bucht zur naechsten mit
einem Wassertaxi transportieren lassen kann. Erste leichte Zweifel
an unserer wohl doch etwas zu ehrgeizigen und sportlichen Planung
kommen auf.

Kuestenweg

Ich geniesse das Gefuehl der Erschoepfung und des Muskelkaters. Und
das einer kalten Dusche in den Huetten am Ende eines Tages. Vielleicht
sollte ich auch sonst einfach mal mehr Sport machen, ausserhalb des
Urlaubs? An das kalte Duschen kann man sich gut gewoehnen.

Die erste Huette teilen wir uns mit einer dreikoepfigen israelischen
Familie und Birgit aus Koeln. Der Israeli sieht aus wie Adam Sandler
und verfuegt ueber eine beeindruckende Kondition. Waehrend seine Frau
den gemeinsamen Rucksack schleppt traegt er zusaetzlich zu einem
kleineren Rucksack noch den anderthalbjaehrigen Nachwuchs auf seinen
Schultern. In der Huette angekommen belaesst er den Junior in seinem
speziellen Rucksacktragegestell einfach auf seinen Schultern und
dreht noch eine Extrarunde. Der Abel Tasman ist nicht der erste (und
auch nicht der letzte) Track den die junge Familie waehrend ihrer
vier Wochen in Neuseeland bereist. Wehrdienst in der israelischen
Armee scheint ein gutes Training zu sein.

Typisches Touristenphoto 2: Bucht im Abel Tasman Nationalpark

Ein landestypisches Orginal ist der Huettenwachter, welcher in
diesem Teil des Parks fuer Ruhe und Ordnung sorgt. Wie es sich fuer
einen waschechten Neuseelaender gehoert rennt er ausschliesslich barfuss
auf seinen Hobbitfuessen durch den Wald.

Nach Einbruch der Dunkelheit erwachen die Oppossums zum Leben.
Von Europaeern eingeschleppt fressen diese etwa katzengrossen
Marder hauptsaechlich die Eier einheimischer Voegel und sind
deswegen bei den Einheimischen entsprechend unbeliebt.

In der Nacht springen sie auf dem Dach unserer Huette rum und geben
aus dem Busch seltsame Kreischlaute von sich. Sie klingen ungefaehr so,
als ob man ein kleines Kind erwuergt. Das habe ich bisher zwar weder
gemacht noch gehoert, aber ich stelle es mir so vor.

Scheu und aengstlich sind sie dabei nicht, auch durch den Lichtkegel
unserer Taschenlampe lassen sie sich nicht im mindesten beeindrucken.
Sie wiegen sich in einer truegerischen Sicherheit: Am naechsten Morgen
begruesst uns der Huettenwaechter mit den Worten "Grossartiger Tag!
Zwei Oppossums sind mir gestern Abend in die ausgelegten Fallen gelaufen.
Wollt ihr sie euch ansehen, bevor ich ihnen den Kopf einschlage?" Einen
Hammer schwingend verschwindet er im Wald, den Todeskampf dieser ansonsten
sehr niedlichen Tiere wollen wir fotografisch aber nicht festhalten. Zum
Pinkeln einfach in den Busch zu verschwinden ist angesichts der ausgelegten
Fallen nur bedingt empfehlenswert.

Streinbruecke fuer ein Photo bauen

Birgit aus Koeln befindet sich gerade auf einer Weltreise und goennt
sich in Neuseeland ein paar Tage im Abel Tasman. Von ihr lerne ich,
dass die Fidji Inseln kein lohnenswertes Reiseziel darstellen.
Ich streiche die Fidjis daher von meiner Liste potentieller Reiseziele.

Am naechsten Tag begleitet sie uns 2/3 des Weges zur naechsten Huette.
Total fertig wuerden wir auch gerne hier pausieren und erst am naechsten
Tag weiterlaufen. Duschen, frische Klamotten an und gemuetlich zuschauen,
wie das Wasser die eben bei Ebbe ueberquerte Bucht fuellt. Doch in vier
Stunden ist es dunkel, und bis dahin muessen wir noch 10 Kilometer zur
naechsten Huette laufen. Wir verabschieden uns also und machen uns auf
den Weg.

Sven in Erdmaennchenpose

Bis auf den letzten Berg vor unserem Ziel geht unsere Planung auf,
doch der letzte Berg ist steiler und fordernder als erwartet. Ich
bin so fertig, dass ich umkippe, als ich mir nach dem Abstieg den
Rucksack abschnalle.

Auch der Kocher funktioniert nicht so, wie erwartet. Ich kippe
alle restliche Instant-Nudel und Instant-Reismahlzeiten in
lauwarmes Wasser und esse die Pampe. Schmeckt nicht besonders,
macht aber satt.

Wir warten hier auf das Wassertaxi

Bei der Inbetriebnahme des Kochers erzeugen wir einen
dramatisch aussehenden Tischbrand, da beim Befuellen des Kochers
etwas Petroleum danebengegangen ist. Das Loeschwasser verteilt
den Brandherd grosszuegig auf die gesamte Tischflaeche. Ein
schoener Lichteffekt, bei dem man leider mal wieder viel zu
spaet die Kamera zur Hand hat.

Am naechsten Tag schenken wir uns nach vierstuendiger Wanderung
die letzten 10 Kilometer des Tracks, bleiben in einer Bucht sitzen
und warten auf das naechste Wassertaxi. Ist ja schliesslich Urlaub.

Typisches Touristenphoto 3: Vor einer Insel

Kaikaroua

Kaikaroua liegt auf halbem Weg zwischen Picton und Christchurch.
Wir haben unseren urspruenglichen Plan etwas geaendert und reisen
jetzt erst einmal die Ostkueste der Suedinsel bis Dunadin herunter.

Kulinarisch ist man hier auf Langusten spezialisiert. Walfaenger
gibt es keiner mehr, Hauptattraktion ist jedoch das mit allerlei
technischen Finessen ausgestatte Walbeobachten: Mit einem Flugzeug
kreuzt man vor dem Land bis man eine Wahlherde trifft. Mit einem
Peilsender ausgestattet wird man zu den Walen ins Wasser
geschmissen. Nach etwa einer halben Stunde Badespass mit den Walen
wird man dann von einem Boot wieder eingesammelt. Fuer die naechste
Tour heute Nachmittag haben Sven und ich uns eingetragen, jetzt hoffen
wir auf gutes Wetter und viele Wale.

Auch sonst dreht sich in dieser Stadt alles um den Wal - von Postkarten
ueber Stoffpottwale bis hin zu CDs mit Walgesang ist hier alles zu haben.
Fuer die japanischen Gaeste wird in einem Pub ausserdem Walgesangkaraoke
angeboten. Das ist mindestens doppelt so lustig wie es klingt. Auch wenn
ich gerne mal ein Lied singe verkneife ich mir die Teilnahme und hoere
mit viel Lustgewinn zu.

Stadt ist fuer das maximal 3000 Seelen zaehlende Kaff eine masslose
Uebertreibung. Hier sagen sich wirklich sprichwoertlich Hase und
Fuchs gute Nacht. Das letzte Auto verlaesst um neun Uhr die einzige
Strasse des Ortes.

Hallo Kollege - endlich mal ein paar Schafe

Schoen sind die Klippen am Rande der Stadt. Fantastische Aussicht und
endlich mal Schafe. Der Wind weht einem einen erfrischenden Duft (eine
Mischung aus Moewen, Schafs und Seehundscheisse) um die Nase. Aufgrund
der Ereignislosigkeit dieses Ortes hat sich bei Touristen und Einheimischen
als Freizeitbeschaeftigung eine Art "Open Air Graffitti" durchgesetzt.

Urlaubsgruesse an eine Mutter

Dazu rennt man die Klippen herunter zum Strand, nimmt sich die dort massig
herumliegenden weissen Kalksteinbrocken und legt damit Botschaften auf
die gruene Wiese. Das Ergebnis kann man dann nacher schoen von den Klippen
aus beobachten und fotografieren. Die meisten Botschaften bestehen aus
aus Vornamen (haeufig Frauennamen) und Herzen. Auch kritische Themen
wie "Magersucht" werden angesprochen (jedenfalls falls der Betrachter
der deutschen Sprache maechtig ist). "Hallo Mutti!" textet ein anderer
und wertet seinen Urlaubsgruss durch die Darstellung eines erigierten
Schwanzes auf. Den Text, welchen japanische Touristen legen kann ich nicht entziffern. Ueberhaupt sind um diese Jahreszeit viele Asiaten unterwegs.

Lammkadaver

Wer das obige Laemmchen erlegt hat weiss ich nicht. Ein Orca wird es
kaum die 300m hohen Klippen herauf geschafft haben. Die Schafe sind
weniger dumm als sie auf den ersten Blick wirken. Sehr professionell
posieren sie fuer die Kamera und suchen den direkten Blickkontakt zum
Objektiv.

Faule neuseelaendische Pelzrobbe

Eher unspektakulaer sind die Pelzrobben. Laut Warnhinweis darf man sich
ihnen nur bis auf 10 Meter naehern. Das Schild ist aber total ueberfluessig,
da die Robben sich hauptsaechlich 100m vor der Kueste aufhalten. Faul liegen
sie auf ihren Felsen und bewegen sich kein Stueck. Dazu erfuellt ein lautes
Schnarchgeraeusch die Luft.

Um an Attraktivitaet zu gewinnen und Kundschaft in die sonst verwaisten
Kneipen zu locken kobern Kneipenwirte mit dem Spiel "Toss the Boss"
um neue Kundschaft. Das Spiel geht so: Der Kneipenwirt wirft eine
Muenze, erraet man richtig auf Kopf oder Zahl, so bekommt man das
naechste Bier umsonst. Falls nicht, so muss man es bezahlen.
Nach dem Bad mit den Pottwalen und einer abschliessenden Dusche werden
Sven und ich uns an diesem Spiel versuchen. Und morgen gehts weiter
nach Christchurch.

Vermutlich deutsche Einwanderer haben das neuseelaendische Englisch
um den Begriff Spinner erweitert. Das heisst genau
das, was es im deutschen auch heisst. Jedenfalls behauptet das der
Reisefuehrer in seinem Kapitel ueber neuseelaendisches Englisch. In
natura habe ich noch niemanden dieses Wort benutzen gehoert.

Keine Kommentare: