18.10.04

Hongkong 1

Vorweg: Streng genommen schreibt man Hongkong nicht
zusammen, sondern auseinander und in zwei Worten.
Ich schreibs trozdem in einem Wort, weil ich es so
einfach schoener finde.

Von Shanghai nach Hongkong
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Der Zug mit der Nummer K99 bringt uns direkt von
Shanghai nach Hongkong. Ganz wie bei den Interzonenzuegen
frueher duerfen wir den Zug nach anfaenglicher Passkontrolle
nicht mehr verlassen. Etwas gespenstisch: Zwar haelt der Zug
ein paar Mal, jedoch steigt keiner zu oder aus. Die Bahngleise
sind jeweils mit mobilen Zaeunen ausgeruestet, Eine handvoll
Polizisten ueberwacht, dass sich niemand durch das Plumsklo
heimlich davon macht.

Glueck haben wir diesmal im Nachtzug mit unseren Schlafplaetzen,
obwohl wir die oberste Etage gebucht haben bleibt der Zug so leer,
dass wir eine Etage tiefer Platz nehmen koennen. Das ist toll,
da wir endlich einmal nicht 15cm entfernt von der Klimaanlage
naechtigen muessen. Mein rasselnder Husten klatscht Beifall,
denn die unvermeidlich zugigen und kalten Klimaanlagen gehen
mir nicht nur auf den Sack, sondern auch auf die Bronchen.

Hongkong
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Das Mekka der Hochhaueser. Unter 20 Stockwerke wird hier
gar nicht erst angefangen, ein Haus zu bauen. Egal ob
Wohnung oder Buerogebauede. Hongkong heisst auf knapper
Flaeche viel unterzubringen - und das geht nun mal am Besten
in der Hoehe. Hongkong im kleinen ist unser Doppelzimmer
im "Cosmos Guesthaus". Wie viele andere hat sich Cosmos
ein paar Zimmer und Wohnungen auf der 12ten Etage eines
ranzigen Betonseelenverkaeufers gemietet und bringt dort
so viele Rucksacktouristen unter wie moeglich. Das Gebaeude
kann man sich wie 100 aufeinander gestapelte
"Bibby Altona"-Schiffe vorstellen. Neben Rucksacktouristen
hausen Habenichtse von Immigranten in dem Block. Haueser
wie diese sind Sprungbrett ins Glueck fuer viele, die mit
nichts anfangen.

Unser Doppelzimmer ist drei viertel mal so gross wie ein
Bahnabteil in der Transsib. Zusaetzlich gibts eine kleine
Nasszelle, in welcher man sich um 90 Grad nach links und
um 90 Grad nach rechts drehen kann, wenn man in ihr steht.
Ein Vollkreis ist unmoeglich - will man in eine andere
Richtung geht man einfach raus, dreht sich vor der Tuer,
und kommt rueckwaerts in die Butze rein.

Das Zimmer ist komplett vom Boden bis zur Decke gefliesst
und versprueht den Charme einer Ausnuechterungszelle bei der
Polizei. Am Anfang hatte ich das Gefuehl, das staendig die
Tuer aufgehen koennte und ein Waerter einfach einen
Wasserschlauch reinhaelt und Insassen und Zelle gleichzeitig
reinigt. Das passiert hier aber nicht, denn niemand macht
hier sauber. Ab und zu wird der Muell entfernt. Vor der Tuer
stehen Besen, welche wir uns zum reinigen ausleihen koennen.

Untermieter
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Eines Morgends zertrampele ich Fritz und lasse seinen
zermatschten Koerper auf den Fliesen als Warnung fuer
seine Freunde liegen. Schnell haben Markus und ich
bemerkt, dass wir nicht zu zweit unsere Ausnuechterungszelle
bewohnen, sondern eine unbekannte Anzahl an Kakerlaken als
Untermieter haben.

Wir setzen zunaechst auf eine Politik der friedlichen
Koexistenz: Wenn wir uns im Raum befinden, moegen sie
sich bitte verstecken und nicht zeigen. Austoben koennen
sie sich bei Dunkelheit, wenn wir schlafen oder wenn wir
nicht im Raum sind. Ausserdem geben wir ihnen Namen, denn
das macht die Sache etwas persoenlicher - und wer will
schon mit jemanden zusammenwohnen, dessen Namen er nicht
kennt?

Anfangs halten sich Fritz und seine Freunde an die Abmachung.
Einmal muss ich mahnend mit dem Finger zeigen, wo der Maurer
das Loch gelassen hat. Fritz folgt dem Fingerzeig, huscht
Richtung Tuer uber den Boden und schiebt sich unter ihr
durch. Eine zweite Chance bekommt er nicht. Ob seine Freunde
oder die Betreiber des Hotels seine sterblichen Ueberreste
entfernt haben, weiss ich nicht.

Sonstiges
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Neben obligatorischen Stadtbesichtungen habe wir am Samstag
den in Hamburg spielenden Film "Gegen die Wand" gesehen.
Den wollte ich schon in Hamburg sehen, habs aber verpasst.
Etwas Heimweh zu Beginn, als wir das viele Astra sehen.
Und St.Pauli Klamotten und Fahnen. Fussball haben wir hier
irgendwie verschwitzt, der Fussballverband nannte uns
zwar einen Termin und eine Spielstaette, doch als wir dort
ankamen, blieben die Stadiontore verschlossen.

Zweimal habe ich in der Lokalpresse schon das Wort Bielefeld
gelesen. Einmal konnte man auf die Partie HSV-Bielefeld setzen.
Und heute stand das Ergebnis zusammen mit der daraus folgenden
Beurlaubung Toppmoellers in der Zeitung. Ueber das Ergebnis
habe ich mich sehr gefreut - mehr aus Verbundenheit zur Arminia,
eine kleine Schadenfreude gegenueber dem HSV will ich aber
nicht leugnen.

Heute Abend schauen wir uns ein von der Lufthansa gesponsertes
Oktoberfest an. Wir erwarten Bierpreise wie in Muenchen. Morgen
gibts unser Visa von Vietnam und eine kleine Wanderung, Mittwoch
einen Tagesausflug nach Macao und am Donnerstag reisen wir erneut
nach China ein, um uns ein wenig Natur anzuschauen.

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