9.10.05

Neuseeland 2: Vulkane und Esel schlagen in Auckland / Wellington

Weiteres aus Auckland

Schon beim letzten Besuch vor vier Jahren ist mir aufgefallen, dass
es in Auckland keinen vernuenftigen oeffentlichen Nahverkehr gibt.
Bloss ein paar Busse die auf irren Kreis- oder Spiralrouten durch
die Stadt gondeln - das wars auf dem Sektor. "Bitte einfach mal
eine U- oder S-Bahn oder so bauen" habe ich damals in den
Feedback-Bogen des Backpacker Hostels eingetragen.

Britomart: Eine zentrale S-Bahnstation mitten in Auckland

Offensichtlich haben sich die Stadtvaeter meiner Bitte angenommen
und mit dem auf den eigenwilligen Namen "Britomart" getauften
zentralen Bahnhof Abhilfe geschaffen. Stilvoll in einem alten
viktorianischen Gebaeude untergebracht huschen die Pendler eilig
an Tango tanzenden Amateurtaenzern die Rolltreppen herunter um
nicht ihre Bahn zu verpassen. Fuer die Taenzer und architektonischen
Leckerbissen haben wir als Urlauber mehr Zeit uebrig als sie.

Nur ueber den Namen dieser neuen Anlage sollten wir noch einmal
reden. Einkaufszentren oder Geschirrspuelautomaten darf man
ohne Gefahr "Britomart" nennen - einen Bahnhof vermutet man
intuitiv hinter dieser Bezeichnung aber nicht.

Als klassisches Einwanderungsland sind die Berufe in Auckland
anscheinend streng ethnisch gruppiert: Fressmeilen und Fast Food
Restaurants werden ausschliesslich von Asiaten (Chinesen? Oder
Thais? Ganz was anderes? Bin mir da im Detail nicht so sicher)
betrieben. Ob im franzoesischen Imbiss "Bonjour", einer Doener
Bude (das neue In-Essen hier) oder beim Sushi, all dieses wird
von Asiaten zubereitet und angeboten. Drogerieketten und 24/7-Laeden
sind hingegen fest in Indisch/Pakistanischer Hand (exakt so wie
Apu in den Simpsons). In Wellington wird aus diesem starren
Stereotypen-Schema ausgebrochen, denn hier sind Inder auch im
Restaurantbereich taetig und knabbern so an der Vormachtsstellung
der Asiaten in diesem Bereich.

Vulkan Rangitoto vor Auckland

Als Vorbereitung auf die viertaegige Wanderung durch den Abel
Tasman Nationalpark am Ende der naechsten Woche beschliessen
Sven und ich, ein Training einzulegen. Als Trainingsgelaende
wird dazu der ein paar Kilometer vor Auckland gelegene Vulkan
Rangitoto auserkoren.

Der ist zuletzt vor 600 Jahren ausgebrochen. Das erscheint uns
ausreichend sicher. Die schwarze Lava ist inzwischen von einem
ordentlichen Dschungel schoen gruen ueberwuchert. Im Krater ist
Baumeister Natur aber etwas ueber das Ziel hinausgeschossen:
Die Baumdichte ist hier so hoch, dass man zu keinem Zeitpunkt in
den Krater schauen kann wenn man auf dem Rand um ihn herumrennt.
Abgesehen davon wird man fuer die nur geringen Muehe, die in
die Besteigung investiert werden muss, fuerstlich mit einem
grandiosen Anblick der Skyline von Auckland plus Komplettuebersicht
des Hauraki Golfs inklusiver aller anderen bereits seit mehreren
tausenden Jahren erloschenen Vulkanen belohnt.

Das Wunder das Markus Leben nennt: Ein Lavafeld waechst zu

Abends in einem Irish Pub unterwegs: Der Neuseelaender Nick
begleitet einen Freund in einem Irish Pub auf seinen Bongo
Trommeln. Sehr gekonnt trinkt er Bier waehrend er gleichzeitig
ohne aus dem Takt zu kommen sein Musikinstrument bearbeitet.
Ich gratuliere ihm zu dieser reifen Leistung und wir kommen
ins Gespraech. Stolz praesentiert er mir seinen einzigen
Brocken Deutsch den er von einem deutschen Backpacker Tourist
gelernt haben will: "I sill schlaggen". Angeblich soll dieser
Ausdruck eine spezielle Sex-Technik bezeichnen. Mit etwas
Phantasie verstehe ich "Ich soll schlagen", nach etwas
Diskussion einigen wir uns darauf, dass er "Esel schlagen"
(beat a donkey) meint.

Laut Nick bezeichnet man in Deutschland mit "Esel schlagen"
den Vorgang, wenn beim Sex der Mann kurz vor dem Orgasmus
einen festen Klapps auf den Hintern seiner Partnerin gibt um
diese zur Abgabe eines deftigen Furzes zum gemeinsamen Hoehepunkt
zu stimulieren. Der Lustgewinn soll dabei auf beiden Seiten
liegen. Diese Technik und auch der Ausdruck sind mir leider
unbekannt, vielleicht kann sich ein furzfetischkundiger Leser
mehr als ich darunter vorstellen.

Ganz offensichtlich ist Nick einfach nur von einem
Landsmann verarscht worden. Um dieses ueble Spiel nicht
fortzusetzen verkneife ich es mir, ihm frisch ausgedachte
deutsche Phrasen wie "den Wellensittich rupfen",
"den Ameisenbaer machen" oder "die Schlange verknoten" nebst
ebenso frei erfundener Praktiken beizubringen.

Der Besuch des Irish Pubs ist insgesamt also sehr lehrreich
und erweitert den Horizont. Wir treffen einige gestrandete
Deutsche, welche seit 2-6 Monaten zum Englisch lernen hier
in Auckland herumlungern (im uebrigen wird in Auckland
permanent an jeder Ecke Deutsch gesprochen). Richtig gluecklich
sind die nicht. Eher frustriert, jeden Abend auf eine weitere
Gruppe neuer Backpacker aus Deutschland zu treffen, denn selber
haben sie schon schnell erkannt, dass man hier zwar nett Urlaub
machen kann - es aber ansonsten ziemlich monoton und an
Langweiligkeit grenzend einsam ist.

Seit Anfang des Jahres ist Rauchen in Auckland in Kneipen und
Restaurants strikt verboten. Erschwerend kommt hinzu, dass das
Trinken alkoholischer Getraenke in der Oeffentlichkeit nicht
mehr erlaubt ist. Wegen dem Rauchverbot wirken Kneipen aseptisch
und trueb. Jeder der Gaeste weiss, dass hier etwas essentielles
fehlt. Es ist so, als ob man ein alkoholfreies Bier trinkt. Oder
in einem Stadion steht, in welchem kein (echtes) Bier ausgeschenkt
werden darf.

Dieser neuen Verordnung Folge leistend wird eine Kneipe nur noch
zum Bestellen eines Getraenks und zum entrichten der Notdurft
besucht. Ansonsten rennt man sofort raus aus der Kneipe, trinkt
draussen auf der Strasse neben den Rauchern, welche den Laden
aus suchtspezifischen Gruenden verlassen haben. Das Verhalten
kollidiert dann aber mit dem oben bereits erwaehnten Trinkverbot
in der Oeffentlichkeit. Der Besitzer der Kneipe rennt daher alle
Nase lang raus um seine Schaefchen wieder einzufangen und so
nicht seine Ausschanklizenz zu verlieren. Die rennen natuerlich
postwenden wieder raus und dieses Spiel wiederholt sich mehmals.

Wellington

Auf dem Weg in den Sueden machen wir kurz Halt in Wellington, Neuseelands windiger kleinen sympathischen Hauptstadt. Die Neuseelaender ignorieren erfolgreich die Tatsache, dass Wellington weniger Einwohner als Bielefeld hat.

Wellington

Landestypisches Gestruepp

Es ist Samstag Abend und am Wochenende zeigt der Neuseelaender
gerne sein haessliches britisches Gesicht. Binge Drinking
(frei uebersetzt "Koma Saufen") ist angesagt. Streng nach
Geschlechtern getrennt wird groelend und ausgelassen durch die
Innenstadt randaliert. Manchmal fliegen aus nichtigen Gruenden
Faeuste, immer jedoch sind die Frauen den kalten Temperaturen
trotzend zu knapp angezogen. Mit bauchfreiem Top haengen sie
vor den Bars in der Schweinekaelte herum. Wir stellen uns mit
unserem Getraenk dazu und beobachten das Spektakel mit grossem
Lustgewinn aus naechster Naehe. Ueber den Hueftjeans bilden
sich bei den draussen stehenden Frauen fingernagelgrosse
Gaensehaut-Pickel welche die ueppig angebrachten Arschgeweih-Tatoos
zu grotesken Mustern verzerren. Kann man nicht beschreiben,
muss man gesehen haben.

Morgen gehts mit der Faehre auf die Suedinsel. Erwartungsgemaess wirds dort etwas weniger urban, dafuer aber bestimmt nicht minder kurzweilig als bisher abgehen. Bestimmt.

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…
Der Kommentar wurde von einem Blog-Administrator entfernt.