26.9.04

Peking 1: Menschenmassen, Parks und Fahrrad fahren

Peking ist der absolute Hammer. Noch nie war ich von einer Stadt so beeindruckt wie von dieser. Peking ist unbeschreiblich gross, die Strassen sind mit Autos und Menschen verstopft. Pures lebendiges Chaos. Dazu tausend neue Gerueche und Farben. Manchmal weht ein laues Lueftchen, vertreibt den Smog und man kann die Sonne und blauen Himmel sehen.

Morgends ist in der Stadt weniger los, wer also nicht auf Menschenmassen steht, ist gut beraten,
frueh aufzustehen. Bis 10 Uhr sind nur wenige Chinesen unterwegs, obwohl die Strassen von soviel Menschen wie sonsts an einem Adventssamstag in der Moenkebergstr. um 15:00 bevoelkert werden. Genial sind die Parks, in denen ich mich bisher am haeufigsten aufgehalten habe. (Manchmal menschenleere) gruene Lungen, welcher die Stadt unbedingt benoetigt. Die Parks bestehen hier zu 2/3 aus kuenstlichen Seen in einfacher oder doppelter Alstergroesse, dazu kuenstliche Huegel, versteckte kleine Tempel und Pagoden. Schoener und passender Kontrapunkt zum hektischen staedtischen Leben.

Meine Fuesse habe ich mit am ersten Tag hier bereits kaputt gelaufen. Seitdem bewege ich mich
auf einem alten Mao-Drahtesel (2 Euro pro Tag) durch die Strassen. Zu Beginn erfordert die
aktive Teilnahme am Strassenverkehr etwas Mut und ein gesundes Mass an Gottvertrauen. Am besten ist es, alle Verkehrsregeln die man kennt, zu vergessen. Hier gilt nur eine Regel: Versuche, rechts zu fahren und keinen anderen zu treffen. Auf Kollisionskurs mit einem Fussgaenger gibt man Gas, haelt auf diesen zu, grinst und klingelt. Meistens weicht er dann von selbst aus. Wenn nicht, kann man in letzter Minute selber ein Ausweichmanoever starten. Vom Prinzip her muss man versuchen, im und mit dem Verkehr zu fliessen wie ein Tropfen Wasser in einem Fluss. Und da sich Wassertropfen auch nicht um-, links oder rechts schauen, macht man das der Analogie entsprechend als Fahrradfahrer auch nicht.

Herrlich ist es, quer ueber und um den riesigen Tiamen-Platz herum zu sausen. Das habe ich heute fuer Stunden gemacht, wurde uebermuetig dabei wie ein kleines Kind und startete unter dem Applaus anwesender Chinesen ein wilde Slalomfahrt nach der anderen. Ein paar Polizisten fandens weniger komisch und ich machte mich aus dem Staub.
Eine Mongolin namens Huang Wan (sie bestand aber darauf, dass ich sie Helen nannte) sprach mich an und fragte, ob sie mir ihre Bilder zeigen duerfe. Sie ist unter anderem Kunststudentin und ab November in Deutschland und Europa unterwegs und stellt ihre Bilder aus. Generell hatte sie daher Interesse daran, wie ihre Bilder auf einen Europaeer wirken und welche sie besser gleich zu Hause lassen sollte. Die Bilder waren samt und sonders sehr schoen, hauptsaechlich wurden Pferde (was bei Mongolen zu erwarten ist), die chinesische Mauer und chinesischer Regenwald am Yangtse dargstellt. Da Helen ausserdem Wirtschaftsenglisch studiert, gab es auch keine Kommunikationsprobleme. Spannend waren die Geschichten und die Semantik der Bilder, die sich fuer einen Europaer nicht so ohne weiteres erschliesst. Aus Dank fuer die Beratung uebersetzte sie meinen Vornamen JOERG in chinesische Schriftzeichen. Die beiden Zeichen haben die Bedeutung "Intelligenz" und "Hoeflichkeit". Mit einem Pinsel fertigte sie mir als Souvenier eine Kaligraphie meines Namens auf Seidenpapier aus. Weniger Schmeichelhaft ist mein Geburtsjahr im Chinesischen Kalendar: Das Jahr des Ochsen - passt aber auch irgendwie. Sinn und Zweck der Schmeichelei ist es, einen poitentiellen Kunden weichzuklopfen und ihm dann das ein oder andere Gemaelde zu verticken.

Alles ist hier schweinemaessig billig. Auf eine detaillierte Aufzaehlung der Preise moechte ich
aber verzichten. Unser Hostel kostet pro Nase 6$. 15 Fussminuten vom Tiamen-Platz entfernt ist es mitten im alten Hutong-Gaengeviertel in einem traditionellen chinesischen Haus untergebracht. Besser kann man es nicht treffen und wir haben uns erst einmal fuer 10 Tage einquartiert.

Hauptsaechlich werden die Strassen hier von Autos in piefigem VW-GOLF2-Design dominiert. VW ist immer noch Marktfuehrer mit Modellen wie Jetta und Santana (bzw. Santana 2000 - chinesisches Facelifting, in Wolfsburg in der Autostadt und hier in Peking im taeglichen Einsatz zu bewundern).
Abgezogen wurden wir am ersten Tag, als wir mit einem Taxi vom Bahnhof zum Hotel fahren wollten. Zwar handelten wird den Preis von 16 auf 7 Euro schon vor der Fahrt herunter, wegen den Staus und der Unkenntnis des Fahrers benoetigten wir 1,5 Stunden fuer die 6 KM lange
Strecke. Auch wenn er angab, das Hotel zu kennen, konnte der Fahrer sein Unwissen in diesem
Punkt nicht lange verstecken. Er liess sein Auto einfach auf der Strasse, stieg aus und fragte
Polizisten und Passanten nach dem Weg. Eine schoene Stadtrundfahrt. Heute wissen wir, das wir mit der Metro fuer 30 Cent in 15 Minuten am Ziel gewesen waeren. Dann haetten wir allerdings nicht soviel von der Stadt gesehen.

Erwaehnenswert ist vielleicht noch, das wie am letzten Tag in Ulan Bator Gott getroffen haben.
Gott ist ein etwas beleibterer, Weste und Seiko Uhr tragender Buddhist der sich mit seinen zwei
Frauen im Schlepptau zu uns in der Disco an den Tisch setzte. Ausserdem forderter er mich auf,
mit einer seiner beiden Frauen (Maria?) zu tanzen. Gottes Anweisungen wiedersetzt sich nur ein kompletter Idiot und so tat ich, wie mir geheissen.

Auf der Teilstrecke von Ulan Bator nach Peking, unserem letzten Streckenabschnitt, waren die
Zugbegleiterinnen die eifrigsten und saubersten der ganzen Transsibstrecke. Die Decken waren im Abteil ein einem liebevoll hergerichteten Muster drapiert, die Kissen hatten eine kitschige
gelbe Borde und die Tuergriffe waren mit desinfizierenden weissen SARS Waschlappen eingewickelt. Durch die mongolische Wueste zu fahren ist mit Abstaenden das langweiligste, dass man tun kann. In Sibiren gab es wenigsten zur Abwechslung ein paar Baeume und viele Farben, die Wueste hingegen ist immer gleich trostlos. Ab und zu wird man dafuer aber mit dem Anblick von Kamelen belohnt. Schoen war auch ein Gewitter, welches sich ueber der Wueste austobte. In einer Stadt mitten in der Wueste steht ein Bahnhof eine Statue, welche den ersten monglischen Kosmonauten darstellt. Ganz klar hat man sich hier Captain Future zum Vorbild genommen. Ist aber mal was anderes als die sonstigen Lenin Statuen.

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